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Die Erkenntniß, daß hier Alternativobligationen vorliegen,
läßt uns nicht nur große constructive Umwege ersparen, sondern
hat auch das praktische und nützliche Resultat, daß beim
Stellgeschäft im Falle der Säumniß des zur Wahl Berechtigten
aber auch Verpflichteten, wenn sich dessen Wille nicht schon
aus dem Cursstand ergibt, das Wahlrecht auf den anderen
Theil umspringt. (Grünhut.)
§ 16.
Der Vorvertrag und die Bedingung si volet
im Entwurf eines deutschen bgl. Gesetzbuchs.
Der Entwurf schweigt über den Vorvertrag. Es ist nicht
ironisch gemeint, wenn wir sagen, daß dieses Schweigen zu
dem Besten gehört, was der Entwurf geleistet hat. Wenn wir
wissen, was der Vorvertrag ist, so ergeben sich die Rechtssätze
von selbst. Was der Vorvertrag aber ist, kann uns nur das
eigene Denken und kein Gesetz sagen.
Leider konnten die Redactoren an anderer Stelle der Ver
suchung, mit alten, mißverstandenen Gemeinplätzen zu operiren
nicht widerstehen. Wir meinen § 138: „Die Bedingung kann
in einer Handlung bestehen, deren Vornahme von der Willkür
des Verpflichteten abhängt. Besteht die aufschiebende Bedingung
in dem bloßen Wollen des Verpflichteten, so ist die Verpflichtung
unwirksam. Aber sie ist dies ja von selbst, sofern sie es über
haupt ist, — auch ohne daß sie der Gesetzgeber mit seinem
mit der Muttermilch der Pandektenlehre eingesogenen Hasse
noch einmal todtschlägt. Daß eine in den Willen des Ver
pflichteten gestellte Verpflichtung keine Verpflichtung ist,
wissen wir auch ohne Gesetz. Daß sie gar nichts ist, daß es
keinen Zustand geben kann, wo der Verpflichtungswille für sich
genügt, abweichend von der Regel, eine Verpflichtung hervor
zurufen, werden wir auch dem Gesetz nicht glauben (s. oben