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gabe der Sache (z. B. durch Untergang derselben) verhindert,
so ist die Erfüllung des Vorvertrags für beide Theile unmög
lich und keiner ist zu einer Leistung verpflichtet. Ganz anders
beim Consensualcontract (loc. custodiae) mit seiner relativen
Selbstständigkeit der von beiden Seiten geschuldeten Leistungen.
Ihren Triumph aber feiert die richtige Realcontracttheorie
bei einem Geschäfte, welches in der Praxis nie isolirt, wohl
aber sehr häufig in einem anderen Geschäft — dem Kost
geschäft23) — eingeschlossen vorkommt, nämlich bei einem
23) Für das Kostgeschäft habe ich die Nothwendigkeit der Realcontract
construction in einer nicht immer verstandenen Ausführung, Ztschr. f.
H. R. XXXV. p. 416. dargethan. Dieselbe wurde bisher wohl haupt
sächlich deßhalb nicht angenommen, weil der richtige Begriff des Realcontracts
fehlte. Selbst Ofner, Ztschr. f. H. R. XXXVII. p. 438, der sie in ihren
wesentlichen Resultaten acceptirt, entzieht ihr den dogmatischen Boden, auf
welchen sie sich allein halten kann, durch die Bemerkung, daß ich den Vertrag auf
Rückleistung „mit Brinz" (??) Realcontract nenne, in welchem Falle er
allerdings Recht hätte zu sagen, daß das „praktisch keine Bedeutung habe,
eine Ansicht, von welcher er unter dem Eindruck der Schey'schen Aus
führungen neuestens zurückweicht (Grünhuts Ztschr. XVIII. p. 367). Nur
v. Schey, der eben selbst von dem richtigen Realcontractbegriff ausgeht, hat
den Kernpunkt meiner Ausführungen erkannt und gebilligt l. c. § 4.
Anm. 1.). So hoffe ich, daß die vorliegende Untersuchung auch die allge
meine Anerkennung der Resultate der früheren fördern werde. Eine Be
stätigung derselben finde ich in dem Verhalten des ital. H. G. B. Art. 73-75.
Dasselbe nimmt nämlich, da manche Gesetzgeber das Construiren nicht
lassen können, die von mir, als auf einen Consensualcontract führend,
bekämpfte Zweikäufetheorie ausdrücklich an, bestimmt jedoch, daß das Ge
schäft ein Baar-„kauf" sein müsse, und daß zur Gültigkeit Ueber
nahme der Effecten gehöre. Es liegt also ein Kauf vor, der
Realcontract, also kein Consensualcontract, also sagen wir gleich ein Kauf
der kein Kauf ist. Zudem ist es ein Realcontract, wie ihn sonst das
heutige Recht nicht kennt, ja in einer Ausbildung, wie er selbst dem röm.
R. fremd war. Zwei Realleistungen sind Gültigkeits- (nicht bloß
Qualitäts=)erfordernisse, und der Vorvertrag ist schlechthin nichtig (!),
während er sich im röm. R. durch Stipulationsform zur Geltung bringen
konnte. Die Gründe des ital. Gesetzes für diese überscharfe auch in das
portug. H. G. B. übergegangene Bestimmung liegen in der Verhütung fingirter