Full text: Elvers, Rudolf: ¬Die Nothstände des preußischen Eidesrechtes

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nur an sich ein sehr bedenkliches Mittel zur Entdeckung der Wahrheit ist, 
sondern auch die allzugroße Vervielfältigung der Eide eine dem gemeinen 
Besten höchst nachtheilige Geringschätzung derselben zur Folge hat," aber aus 
diesen dem Corpus iuris Fridericianum vom Jahre 1781 (Tit. 10. § 129) 
entnommenen Worten folgert sie nur, daß der Richter die Partei bei einer 
Eideszuschiebung an die Bedenklichkeiten einer solchen erinnern solle; im 
Uebrigen hat grade sie derselben überall die Bahn geebnet und die mancherlei 
Hindernisse beseitigt, welche noch das ältere preußische Recht in Uebereinstim 
mung mit dem gemeinen Rechte dagegen aufgerichtet hatte. So stellte sie 
z. B. rücksichtlich der activen Berechtigung zur Eideszuschiebung den allerdings 
sehr einfachen Satz auf: Jeder, welcher überhaupt dispositionsfähig ist, kann 
über jederlei Thatsache Eide zuschieben, und ebenso kann er alle ihm zuge 
schobenen Eide zurückschieben. Der Vorläufer der Gerichtsordnung, das schon 
erwähnte Project des Codicis Fridericiani Marchici, welches im Uebrigen 
um seines besondern Zweckes willen, daß „alle Processe in einem Jahre durch 
drei Instanzen zum Ende gebracht werden sollen und müssen," der Eideszu 
schiebung, als dem am schnellsten wirkenden Beweismittel sehr hold war, 
schrieb dagegen noch vor (Thl. III. Tit. 30. §. 13), daß Niemand schuldig sei, 
den von einer infamen Person deferirten Eid zu acceptiren, da ihm dadurch 
effectus relationis des Eides benommen werde; eben so erschwerte es die 
Zurückschiebung des Eides über solche Thatsachen, von welchen der Deferent 
nur unvollständig unterrichtet sein konnte. 
Um jedoch den Standpunkt der Gerichtsordnung richtig zu beurtheilen, 
muß man in Erwägung ziehen, daß sie überall das Instructionsverfahren 
im Auge hatte, und also den Proceß unter den weitgreifendsten richterlichen 
Einfluß gestellt dachte, so daß dadurch den meisten Mißbräuchen vorgesehen 
werden konnte. In der älteren Fassung der Gerichtsordnung, dem Corpus 
Juris Fridericianum, wurden die Gerichte demgemäß auch bestimmt ange 
wiesen, daß sie dahin sehen sollten, daß „die Eide möglichst vermieden und, 
wo noch andere Mittel zur Aufklärung des facti vorhanden sind, davon für 
allen Dingen Gebrauch gemacht werde." Erst seitdem die Verhandlungs 
methode wieder recipirt wurde, mußte sich die ganze Gefährlichkeit des Eides 
rechtes der Gerichtsordnung geltend machen.
	        
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