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Soll ich noch die Mittel und Wege angeben, welche mir als
die geeigneten zur Durchführung der vorgeschlagenen Rechtsände
rungen erscheinen, so glaube ich, daß ein Gesetz von mäßiger
Stärke dieselben in unser bestehendes Recht einfügen könnte, ohne
daß die Harmonie des Ganzen dadurch gestört und Unsicherheiten
und Widersprüche herbeigeführt würden. Ich gehöre freilich nicht
zu denen, welche die mancherlei Mängel und Nothstände des preu
ßischen Rechts vermittelst einzelner Novellen zu den vorhandenen
Gesetzen beseitigen zu können vermeinen, sondern da die Grund
lagen unserer Gesetzbücher unrichtig sind und ihnen die innere Ein
heit fehlt, so wird sich auch niemals ein vollendeter und in sich
einiger Bau aus ihnen heraus entwickeln lassen, und alle Novellen
werden so wenig ein gesundes Recht schaffen, wie alle Repara
turen dem Hause kein sicheres Fundament schaffen, welches auf
sumpfigem Grunde steht. So viele Bedenken auch den modernen
Codificationen entgegenstehen, (gegen einen der neuern Versuche
habe ich auch seiner Zeit meine schwache Stimme erheben zu
—
müssen geglaubt)
für uns giebt es keine Wahl; wir müssen
der ersten Codification die zweite folgen lassen, und wenn es auch
immer eine zweifelhafte Frage bleibt, wann hierfür der Zeitpunkt
gekommen ist, so muß es doch das Ziel bleiben, welches nicht aus
den Augen verloren werden darf.
Eine Neugestaltung der Gerichtsordnung ist die kleinere und
bei Weitem leichtere Aufgabe, und ich möchte glauben, daß die
Preußische Jurisprudenz schon jetzt genug tüchtige und durchgebil
dete Kräfte besitzt, um diese Arbeit unternehmen und mit Segen
durchführen zu können. Aber es würde nicht nur die Ausarbei
tung und dermaleinst die practische Einführung des neuen Gesetz
buchs bedeutend erschweren und bei den complicirten und mannig
faltigen Factoren, welche jetzt bei der Gesetzgebung mitwirken
dessen Zustandekommen möglicher Weise gefährden, wenn man bei