Von dem Recht der Hypothek und der Grundschuld.
§ 19.
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[1. Von der Begründung dieser Rechte.
§. 19.96)
Die Eintragung erfolgt:
1) wenn der eingetragene oder seine Eintragung gleichzeitig
9) 99)
erlangende Eigenthümer**) sie bewilligt.
8e) Das Konsensprinzip findet in diesem Paragraphen seinen be
stimmten Ausdruck. Es darf keine Hypothek ohne oder gegen den Willen des
Eigenthümers eingetragen werden, außer wenn eine höhere Macht diesen Wil
len zu brechen oder zu ersetzen berechtigt ist (Rechtskraft — Exekutionsrecht).
Nicht das Schuldverhältniß, sondern die im Antrag ausgedrückte Bewilligung
des Eigenthümers ist der Grund zur Eintragung der Hypothek, ganz parallel
dem Eigenthumserwerb, der nach den §§ 1. 2 nicht in dem Veräußerungs
vertrage, sondern in der Auflassungserklärung seinen Rechtsgrund hat.
Die im Allg. Landrecht vorkommenden gesetzlichen Ansprüche auf Eintragung
einer Hypothek, wie solche dem Legatar (I. 12 § 290), der Ehefrau (II. 1
§ 254), den Kindern (II. 2 § 176), den Pflegebefohlenen (II. 18 § 296) n. A.
zustehen, sind demselben Grundsatze unterworfen, d. h. wenn der Erbe, Ehe
mann, Vater, Vormund die Eintragung nicht bewilligt, so kann sie nur auf
Grund einer rechtskräftigen Verurtheilung geschehen. (Vergl. Gesetz für Neu
vorpommern §§ 19. 83 Nr. 5.) — Motive 1872 S. 57.
0*) Ueber die Gleichstellung des seine Eintragung gleichzeitig erlangenden
Eigenthümers mit dem eingetragenen Eigenthümer, vergl. die Anmerkung
zu § 13. Aus der dortigen Ausführung erhellt, daß die Ansicht von Achilles
(a. a. O. S. 36 No. 3), nach welcher sich das Erforderniß der Gleichzeitig
keit nicht auf die Bewilligung, sondern auf die Eintragung der Hy
pothek oder Grundschuld und die Einschreibung desjenigen, der dieselbe
bewilligt habe, beziehen soll, nicht zutreffend erscheinen kann. — In der Praxis
kommt nicht selten der Fall vor, daß der Eigenthümer seine Kinder als Erben
einsetzt, der Wittwe hingegen das Recht einräumt, das Grundstück mit Schul
den zu belasten. In diesem Falle sind die Kinder als Eigenthümer einzutra
gen; ihre Bewilligung, welche sie auf Grund der letztwilligen Verfügung nicht
werden versagen können, ist nothwendig zur Eintragung einer Hypothek oder
Grundschuld, sofern man die Bestimmung des Testaments nicht als ausreichende
Spezial=Vollmacht ansehen kann. Das Recht der Wittwe selbst wird nur ein
getragen werden können, wenn es sich als Verfügungs-Beschränkung der Eigen
thümer charakterisirt.
98) Das Konsensprinzip, welches den neuen Gesetzen zum Grunde
liegt und den leitenden Grundsatz für die Dekretur bildet, enthält
ein materielles und ein formelles Erforderniß. Materiell gilt als
Grundsatz, daß keine Eintragung im Grundbuche erfolgen darf ohne die Ein
willigung (Bewilligung) desjenigen, zu dessen Nachtheil die Eintragung wirken
würde. Der Grundbuchrichter kann nicht für ermächtigt erachtet werden, die
Einwilligung aus dem Nachweise einer rechtlichen Verpflichtung zu entnehmen;
vielmehr muß der Berechtigte diese bei dem Mangel einer gütlichen ausdrück
lichen Bewilligung im Wege des Prözesses feststellen lassen. Nur durch den Aus
spruch einer richterlichen oder ausdrücklich zuständig erklärten Behörde (vergl.