Full text: Herzog, A.: ¬Die Reform der österreichischen Advocatur

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jetzt noch ist, voraussichtlich in jedem Falle der Laie über Rechts 
kränkung klagen würde. 
Anderseits ist der oberste Gerichtshof gewiß unter allen Justiz 
behörden noch am Ersten geeignet, über advocatische Interessen 
eine Entscheidung zu fällen, da doch seine sonstigen Entscheidungen 
einer Anfechtung im Rechtswege nicht unterliegen. Ueberdieß darf 
man annehmen, daß auf dieses wohlbedächtige Richter=Collegium 
in einem solchen Falle die vorausgegangene gewichtige Entschei 
dung der Advocatenkammer nicht ohne Einfluß bleiben wird. 
3. Die volle Freizügigkeit gibt dem Advocaten das Recht, 
seine Praxis im ganzen Territorium des Gesetzes, aus dem er 
geprüft ist, auszuüben. Diese Berechtigung ist eine nothwendige 
Consequenz des Grundsatzes der freien Advocatur. Wenn die Aus 
übung der Advocatur nur bedingt ist durch den Nachweis der 
Befähigung, so muß auch das Recht der Ausübung so weit gehen, 
als die Befähigung reicht. Nur Zunftrücksichten oder der Wunsch, 
die Freiheit der Rechts=Vertheidigung zu schmälern, könnten eine 
Beschränkung der Freizügigkeit veranlassen. 
4. Die Reform der Advocatur wird erst ihren Abschluß 
finden mit Einführung der Oeffentlichkeit und Mündlichkeit 
in allen Zweigen des gerichtlichen Verfahrens. 
Es ist anderweitig hinreichend erörtert worden, welch segens 
reichen Einfluß diese Institution auf das Rechtsbewußtsein des 
Volkes, auf die Verläßlichkeit und Würde der Rechtspflege übt. 
Dem Advocaten verbürgt sie mit der Möglichkeit, seinen 
Beruf unter den Augen des Richters und der streitenden Theile 
selbst auszuüben, zugleich die Achtung und das Vertrauen dieser 
Personen selbst für den Fall, wenn seine Bemühungen der Erfolg 
nicht krönt. 
Während wir nun Oeffentlichkeit und Mündlichkeit des 
Gerichtsverfahrens für den Schlußstein im Neubau unserer Standes 
Verhältnisse erkennen, glauben wir doch, diese Institution nicht 
an dieser Stelle, nicht im Namen des Advocatenstandes reclamiren 
zu dürfen, da sie Gemeingut des ganzen Volkes ist, welches sie 
fordert und erlangen wird. Doch wollten wir diese Zeilen, welche 
hiemit der gerechten Beurtheilung aller Sachkundigen empfohlen
	        
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