Full text: Herzog, A.: ¬Die Reform der österreichischen Advocatur

Der Advocat, welcher seinen Beruf erkannt hat, achtet, ehrt 
und liebt ihn. Er weiß sich berufen, die Verwirklichung der 
Rechts=Idee in allen Sphären des Einzel=, Staats= und Völkerlebens 
zu vermitteln, zu veranlassen. Er weiß aber auch, daß die Auf 
gabe seines Standes weit hinausreicht über die Kraft Eines 
Menschen, und deshalb begrüßt er mit freudiger Achtung Die 
jenigen, welche mit ihm dem großen Ziele zustreben. Er lebt von 
seines Kopfes Arbeit und läßt sich daher von solchen, die es ver 
mögen, mit Geld und Geldeswerth für die Thätigkeit entschädigen. 
die er nur in ihrem Interesse aufgewendet hat; allein er weiß 
sehr wohl, daß ihm ein großer, der größere Theil seiner Berufs 
thätigkeit nicht anders gelohnt werden wird, als durch das Bewußt 
sein erfüllter Pflicht und die Anerkennung seiner Mitbürger. Des 
halb verschmäht er es nicht, zu erkennen, daß sein Beruf nach 
Einer Seite hin ein Gewerbe ist; aber entehrt müßte er sich 
glauben, wenn jemals in ihm die Ueberzeugungstreue des Gelehrten 
von der Habsucht des Gewerbsmannes besiegt würde. Unabhängig 
ist er von den Anmaßungen der Großen, ganz abhängig nur von 
dem Flehen der Unterdrückten. Was die Wissenschaft in ihrer Tiefe 
birgt, was der Menschengeist geschaffen in seiner Herrlichkeit, er 
tennt es und braucht es im Dienste des Rechts. Die Sprache 
aber mit ihren Schätzen ist ihm ein liebgewordenes Rüstzeug, das 
er gerne blank und scharf erhält. Dolche führt er nicht, nur das 
gute Schwert, im offenen Kampfe, im freien Felde, wo derjenige 
siegt, auf dessen Seite Gott ist .... Vir bonus, dicendi peritus. 
Nicht alle Bilder haben so viel Licht. So mancher nennt sich 
einen Advocaten, der es mit seinem Berufe anders meint. Quidam 
ist ein kluges Kind, er lernt gut und merkt gut, und zu rechnen
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer