II. Teil. Der Personalkredit.
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Fehlernten (1850—53) die kleine ländliche Bevölkerung in um
fangreichstem Masse zur Eingehung von Konsumtionsschulden
drängte und der Zustand ungenügender Kreditorganisationen dem
Wuchertum eine breite Unterlage bot.') Nicht zum geringsten Teil
kann als die Folge davon angesehen werden, dass eine Überzahl
von kleinen Anwesensbesitzern dem Ruin anheimfiel. Diesbezüg
liche ziffermässige Belege weist die Statistik für das Königreich
Bayern nicht auf; hingegen werden die Vergantungen des benach
barten Württemberg
für das Jahr 1850/51 in der Höhe von 4 220
» » » 1851/52 „
„ 4 893
» » » 1852/53 „ »
)
» 5 635* 2)
angeführt und es mag daraus der Schluss gezogen werden können,
dals in Bayern, insbesondere im nordwestlichen Teil desselben,
ähnliche Zustände herrschten. Es ist als eine Frage für sich zu
behandeln, ob die weitgehende Zersplitterung des Grundbesitzes,
welche im allgemeinen alle süddeutschen Staaten kennzeichnet.
derartige Krisen verschärft und ob die Vorteile des Kleinbesitzes
in diesen Ländern den Nachteilen desselben ein gleichbedeuten
des Aquivalent bieten oder nicht.
Die verbreitetsten Arten der Bewucherung knüpfen sich
neben den gewöhnlichen Geldverleihgeschäften an den Vieh- und
Grundstückshandel, sowie an den aus letzterem und aus Erb
schaftsauseinandersetzungen sich ergebenden Protokollhandel.
(Cessionen) an 3). Es würde zu weit führen, auf das Typische der
einzelnen Formen einzugehen. In allen Fällen jedoch pflegt ein
Hauptkunstgriff der gewerbsmässigen Wucherer darin zu bestehen,
das Schuldverhältnis allmählich zu einem verworrenen, für den
Schuldner undurchsichtigen zu gestalten und die völlige Heim
zahlung der Schulden, so lange überhaupt von dem Schuldner
noch etwas zu erpressen ist, zu hintertreiben. Indem weiterhin
die Zahlungstermine für die Zinsen und Kapitalsquoten meist
auf einen für den ländlichen Schuldner denkbar ungünstigen
———
’) Conf. »Buchenberger Agrarpolitik« 1. Teil. 1892, S. 418.
*) Conf. »Buchenberger-Agrarpolitik« 1. Teil 1892, S. 418 unten.
*) Conf. »Buchenberger, Agrarwesen- u. Agrarpolitik-, 2. Teil, S. 206 ff.