Full text: Marx, Ferdinand: ¬Die Fürsorge der Herrschaft für ihr krankes Gesinde nach der preuß. Gesindeordnung vom 8. November 1810 und dem Bürgerlichen Gesetzbuche

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sein Verschulden an der Leistung der Dienste verhindert wird.") Als ein 
Verschulden ist es aber mit Oertmann?) nicht nur anzusehen, wenn 
der Dienstbote das die Dienstleistung hindernde Moment selbst hervor 
gerufen hat, sondern auch, wenn der Dienstbote trotz seiner Voraus 
sehbarkeit und unter Verschweigung dessen das Dienstverhältnis eingegangen 
ist (z. B. er verheimlicht den Umstand, daß er demnächst auf ärztliche 
Anordnung eine Kur durchmachen muß), sowie ferner eine sittliche Schuld 
des Gefindes. Was unter einer „verhältnismäßig nicht erheblichen Zeit 
zu verstehen ist, hat der Richter im einzelnen Falle zu entscheiden. Es 
ist hierbei neben der Dauer der Verhinderung und des Dienstverhältnisses 
Einen Anhaltspunkt 
auch die zu leistende Arbeit zu berücksichtigen.? 
wird vielfach die Frage gewähren, ob die Beschaffung eines besonderen 
Soweit hiernach der 
Vertreters notwendig gewesen ist oder nicht. 
Dienstlohn geschuldet wird, ist die Herrschaft berechtigt, die Kosten für 
die Verpflegung und ärztliche Behandlung auf den auf die Zeit der Er 
krankung fallenden Lohn anzurechnen. 
Aus der Vergleichung dieser Bestimmungen mit denen der Gesinde 
ordnung ergibt sich für das Gesinde folgendes Rechtsbild: 
Eine Anrechnung der Kur- und Pflegekosten auf den Lohn ist in 
den Fällen nicht gestattet, wo die Krankheit durch den Dienst oder bei 
dessen Gelegenheit entstanden ist (§ 87 GesO.), vielmehr ist hier der Lohn 
unverkürzt auszubezahlen, es sei denn, daß die Krankheit durch Vorsatz 
oder grobe Fahrlässigkeit des Dienstboten hervorgerufen ist. Ist die 
. 
Krankheit nur durch leichte Fahrlassigkeit entstanden, so hat die Herrschaft 
zwar für das Gesinde zu sorgen (§ 617), braucht ihm aber für diese 
Zeit keinen Lohn zu zahlen (§ 616). Ist die Krankheit ohne ursächlichen 
Zusammenhang mit dem Dienste und ohne Vorsatz oder grobe Fahrlässig 
keit des Gesindes eingetreten, so ist die Herrschaft (nach § 617) für 
den Zeitraum von 6 Wochen berechtigt, die Kur- und Pflegekosten von 
dem auf die Zeit der Erkrankung fallenden Lohne abzuziehen, hat aber 
keine weiteren Ersatzansprüche; hat das Gesinde seine Krankheit selbst ver 
zur 
schuldet, so hat die Herrschaft zwar für das Gefinde zu sorgen, ist 
der 
Lohnzahlung aber nicht verpflichtet. Für die Zeit nach Ablauf 
6 Wochen ist die Herrschaft gleichfalls zum Lohnabzuge berechtigt, hat 
aber auch noch weitere Ersatzansprüche (nach der Gefindeordnung). 
*) § 616, dessen Anwendbarkeit im Gesinderecht Art. 14 des preuß. AusfG. 
ausdrücklich anordnet. 
Recht der Schuldverhältnisse S. 604. 
v. Blume 1. c. erwähnt für ähnliche Verhältnisse den Fall, daß einem 
kleinen Handwerker sein einziger Geselle durch eine militärische übung in einem 
Augenblicke entzogen wird, wo er eine dringende Arbeit vor sich hat, die er nur 
mittels einer teuer bezahlten Hilfskraft vollenden kann. 
Pland II S. 355. 
über die rechtliche Konstruktion dieser Anrechnungsbefugnis vgl. besonders 
Schultzenstein S. 292f.
	        
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