Full text: Marx, Ferdinand: ¬Die Fürsorge der Herrschaft für ihr krankes Gesinde nach der preuß. Gesindeordnung vom 8. November 1810 und dem Bürgerlichen Gesetzbuche

Gewerbe- oder Handelsbetriebe, so wird es darauf ankommen, welchem 
Zweige der Tätigkeit die Hauptarbeitskraft gewidmet ist.*) 
Bei der 
Landwirtschaft indessen sind Hausstand und Wirtschaftsbetrieb nach 
geschichtlicher Entwicklung und in noch fortlebender Anschauung des Volkes 
so eng miteinander verbunden, daß auch diejenigen Personen zum Gesinde 
gerechnet werden, die lediglich zum Betriebe in der Landwirtschaft ange 
nommen sind." 
*) Je nach den Umständen kann hiernach eine Person bei 
gleichen Dienstleistungen zum Gesinde gehören oder nicht. Der Hirte oder 
Gärtner des Gutsbesitzers zählt zum Gefinde, weil seine Dienste der Landwirt 
schaft gewidmet sind, der Hirte des Viehhändlers, der Gärtner des Gärtnerei 
besitzers dagegen ist Gewerbegehilfe und untersteht der Gewerbeordnung. 
Die Dienste des Gefindes sind endlich nur niederer, mechanischer 
Art. Dadurch unterscheidet sich das Gesinde von den Hausoffizianten," 
die nach der Gefindeordnung zwar auch dem Gesinderecht unterstehen, 
deren Dienste aber selbständiger sind und eine höhere geistige Tätigkeit 
verlangen. 
Dem Gefindevertrage ist ferner die Ungemessenheit der über 
nommenen Dienste eigentümlich. 
Der Dienstbote hat alle ihm im Haus 
wesen übertragenen Arbeiten zu verrichten, soweit nicht gesetzliche Schranken 
oder Vertragsabreden entgegenstehen. Es gehören daher nicht hierher die 
nur für eine bestimmte Arbeit, wenn auch für längere Zeit, gemieteten 
Arbeiter, z. B. die Rübenmädchen; sie sind zu anderen Arbeiten in der 
Landwirtschaft nicht verpflichtet. Gleichwohl gibt es natürlich Dienstboten, 
die nur für bestimmte Arbeiten im Hauswesen gemietet sind (vgl. § 60 
GesOrd.), z. B. Kinderwärterinnen, Küchenmädchen. Diese sind innerhalb 
des ihnen zufallenden Teiles der Hausarbeit zu allen vorkommenden 
Arbeiten verpflichtet. Die Dauer der Dienstzeit wird bei ihnen nicht 
nach der Art der Arbeit, sondern nach der Zeit bestimmt. 
Das Dienstverhältnis muß weiterhin von einer gewissen Dauer 
sein, in der Weise, daß es entweder für eine bestimmte Reihe von Tagen, 
Wochen, Monaten oder Jahren eingegangen wird oder daß es durch 
Kündigung beendet werden kann (vgl. § 40 GO.). Tagelöhner, Auf 
wärterinnen für bestimmte Stunden, sind daher aus diesem Grunde nicht 
zum Gefinde zu rechnen. 
Wesentlich ist dem Gefindeverhältnis sodann auch die Vereinbarung 
eines bestimmten Entgelts, das in Geld oder Naturalien bestehen 
kann.*) Die Lehrköchin „ohne gegenseitige Vergütung" ist, selbst wenn 
sie alle im Hause vorkommenden Arbeiten verrichtet, kein Gefinde. Der 
Barlohn darf nicht Akkord- oder Tagelohn, sondern muß Zeitlohn sein, 
*) Gerhard 1 S. 26; Nußbaum, Gesindeordnung S. 3. 
2) Lindenberg, Gesindeordnung S. 9. 
Gerhard I S. 30. 
*) über diese s. unten S. 5. 
) vgl. Striethorst, Archiv 75, S. 63.
	        
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