Full text: ¬Die Gewerbeordnung für das Deutsche Reich

Erste Abtheilung. 
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wird durch den Tod des Lehrlings auf 
in Der Lehrvertrag 
gehoben. Durch den Tod des Lehrherrn gilt der Lehrvertrag 
als aufgehoben, sofern die Aufhebung innerhalb vier Wochen 
geltend gemacht wird. 
IV Schriftliche Lehrverträge sind stempelfrei. 
(In der Fassung der Novelle vom 1. Juni 1891.) 
Abs. 1. Wenn längere Frist nicht vereinbart ist: eine 
Vereinbarung, durch welche die gesetzliche vierwöchentliche Probezeit abge 
kir 
turzt wird, ist ebenso nichtig, wie eine Ausdehnung der Probezeit über 
drei Monate, da die Festsetzung der vierwöchentlichen Probezeit als eine 
reichsgesetzliche Beschränkung der Vertragsfreiheit im Sinne des § 105 zu 
erachten ist. Nach Ablauf der Probezeit kann das Lehrverhältniß nur 
durch beiderseitiges Einverständniß oder in den im Absatz 2 und 3 bezeich 
neten Fällen aufgelöst werden. 
Abs. 3. Von Seiten des Lehrlings: bezw. für denselben 
durch den Vater oder Vormund. Ein Lehrvertrag hat keine verbindliche 
Kraft, wenn der Lehrling zur Erlernung des betreffenden Handwerks un 
fähig ist, auch wenn diese Unfähigkeit bereits zur Zeit der Eingehung des 
Lehrvertrags vorhanden gewesen und nicht erst nachträglich eingetreten ist. 
Diese Annahme folgt aus den Grundprinzipien des Vertragsrechtes, daß 
über unmögliche Leistungen Verträge mit verbindlicher Kraft nicht ge 
schlossen werden können (Reichsger., R 1 S. 246). Bezüglich der Auflösung 
des Lehrverhältnisses in Folge Berufswechsels siehe § 131. — wenn der 
Lehrherr .... zur Erfüllung .... unfähig wird: dies ist 
auch dann der Fall, wenn der Lehrherr der bürgerl. Ehrenrechte verlustig 
wird, vorausgesetzt, daß er selbst sich mit der Anleitung des Lehrlings be 
faßte (§ 106). Uebrigens ist es nicht unzulässig, weitere Entlassungs= und 
bezw. Auflösungsgründe im Vertragswege zu stipuliren, zumal § 124 a auf 
das Lehrlingsverhältniß nicht Platz greift. 
Abs. 5. Schriftliche Lehrverträge sind stempelfrei: 
Stempelfreiheit wurde festgesetzt, um die schriftliche Abfassung der Lehrver 
träge zu begünstigen. Nur ein schriftlicher Lehrvertrag berechtigt einen 
Lehrherrn, polizeiliche Zurückführung eines aus der Lehre ungerechtfertigter 
Weise entwichenen Lehrlings zu beantragen (vergl. § 130) und einen An 
spruch auf Entschädigung im Falle des § 132 Abs. 1 geltend zu machen. 
§ 129. 
1 Bei Beendigung des Lehrverhältnisses hat der Lehrherr 
dem Lehrling unter Angabe des Gewerbes, in welchem der 
Lehrling unterwiesen worden ist, über die Dauer der Lehrzeit 
und die während derselben erworbenen Kenntnisse und Fer 
tigkeiten, sowie über sein Betragen ein Zeugniß auszustellen, 
welches von der Gemeindebehörde kosten- und stempelfrei zu 
beglaubigen ist. 
An Stelle dieser Zeugnisse können, wo Innungen oder 
andere Vertretungen der Gewerbetreibenden bestehen, die von 
diesen ausgestellten Lehrbriefe treten. 
(In der Fassung der Novelle vom 17. Juli 1878.)
	        
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