Erste Abtheilung.
242
wird durch den Tod des Lehrlings auf
in Der Lehrvertrag
gehoben. Durch den Tod des Lehrherrn gilt der Lehrvertrag
als aufgehoben, sofern die Aufhebung innerhalb vier Wochen
geltend gemacht wird.
IV Schriftliche Lehrverträge sind stempelfrei.
(In der Fassung der Novelle vom 1. Juni 1891.)
Abs. 1. Wenn längere Frist nicht vereinbart ist: eine
Vereinbarung, durch welche die gesetzliche vierwöchentliche Probezeit abge
kir
turzt wird, ist ebenso nichtig, wie eine Ausdehnung der Probezeit über
drei Monate, da die Festsetzung der vierwöchentlichen Probezeit als eine
reichsgesetzliche Beschränkung der Vertragsfreiheit im Sinne des § 105 zu
erachten ist. Nach Ablauf der Probezeit kann das Lehrverhältniß nur
durch beiderseitiges Einverständniß oder in den im Absatz 2 und 3 bezeich
neten Fällen aufgelöst werden.
Abs. 3. Von Seiten des Lehrlings: bezw. für denselben
durch den Vater oder Vormund. Ein Lehrvertrag hat keine verbindliche
Kraft, wenn der Lehrling zur Erlernung des betreffenden Handwerks un
fähig ist, auch wenn diese Unfähigkeit bereits zur Zeit der Eingehung des
Lehrvertrags vorhanden gewesen und nicht erst nachträglich eingetreten ist.
Diese Annahme folgt aus den Grundprinzipien des Vertragsrechtes, daß
über unmögliche Leistungen Verträge mit verbindlicher Kraft nicht ge
schlossen werden können (Reichsger., R 1 S. 246). Bezüglich der Auflösung
des Lehrverhältnisses in Folge Berufswechsels siehe § 131. — wenn der
Lehrherr .... zur Erfüllung .... unfähig wird: dies ist
auch dann der Fall, wenn der Lehrherr der bürgerl. Ehrenrechte verlustig
wird, vorausgesetzt, daß er selbst sich mit der Anleitung des Lehrlings be
faßte (§ 106). Uebrigens ist es nicht unzulässig, weitere Entlassungs= und
bezw. Auflösungsgründe im Vertragswege zu stipuliren, zumal § 124 a auf
das Lehrlingsverhältniß nicht Platz greift.
Abs. 5. Schriftliche Lehrverträge sind stempelfrei:
Stempelfreiheit wurde festgesetzt, um die schriftliche Abfassung der Lehrver
träge zu begünstigen. Nur ein schriftlicher Lehrvertrag berechtigt einen
Lehrherrn, polizeiliche Zurückführung eines aus der Lehre ungerechtfertigter
Weise entwichenen Lehrlings zu beantragen (vergl. § 130) und einen An
spruch auf Entschädigung im Falle des § 132 Abs. 1 geltend zu machen.
§ 129.
1 Bei Beendigung des Lehrverhältnisses hat der Lehrherr
dem Lehrling unter Angabe des Gewerbes, in welchem der
Lehrling unterwiesen worden ist, über die Dauer der Lehrzeit
und die während derselben erworbenen Kenntnisse und Fer
tigkeiten, sowie über sein Betragen ein Zeugniß auszustellen,
welches von der Gemeindebehörde kosten- und stempelfrei zu
beglaubigen ist.
An Stelle dieser Zeugnisse können, wo Innungen oder
andere Vertretungen der Gewerbetreibenden bestehen, die von
diesen ausgestellten Lehrbriefe treten.
(In der Fassung der Novelle vom 17. Juli 1878.)