Full text: Höpfner, Ludwig Julius Friedrich: Theoretisch-practischer Commentar über die Heineccischen Institutionen nach deren neuesten Ausgabe

Lib. II. Tit. XVIII. 
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ist, und er die Querel anstellt, aber den Proceß verliert: so kann er das Ver 
mächtniß nicht fordern. Dieß ist eine Strafe dafür, daß er den Testator ohne 
Grund für blödsinnig ausgegeben hat. Ob aber dieses Gesetz noch heutiges 
tags gelte, ist zweifelhaft. Herr Canzler Koch(**) läugnet es, weil man 
heutigestags den Vorwand der Blödsinnigkeit bey der querela inofficiosi testa 
menti nicht brauche. Allein ich glaube nicht, daß dieses Argument ganz strin 
gent ist. Denn die Römer bedienten sich in den neuern Zeiten, nachdem die 
Querel durch Gesetze bestätigt war, dieses Vorwandes auch nicht mehr, und 
doch fand jene Verordnung noch Statt. Auch gilt im Römischen Recht der 
Schluß nicht immer: der Grund einer Verordnung fällt weg, also fällt die 
Verordnung selbst weg (*). Endlich beweist auch das Argument zu viel. 
Man kann daraus eben so gut folgern, daß alle vorhin angeführten Sätze nach 
dem neuen Recht wegfallen, daß also z. E. die Erben des Enterbten die Querel 
anstellen können, daß sie nicht 5, sondern 30 Jahre dauere (**), und dieß 
läßt sich doch wohl nicht behaupten (). 5) Die Querel kann nicht angestellt 
werden, wenn die Enterbung nicht aus Haß, sondern aus guter Meynung 
(bona mente) geschehen ist. In den Gesetzen kommen zwey Faͤlle dieser Enter 
bung vor: a) wenn der Vater seinen blödsinnigen oder verschwenderischen Sohn 
enterbt, und dessen Kinder, seine Enkel, einsetzt; b) wenn er ein unmündiges 
Kind enterbt, und dem eingesetzten Erben befiehlt, daß er dem Kinde nach er 
reichter Mündigkeit die Erbschaft restituiren solle. Jn der Praxis wird auch 
c) diese Enterbung verstattet, wenn der Sohn verschuldet ist, und der Vater 
voraussieht, daß die Gläubiger alles Vermögen, sobald es dem Sohn zufällt, 
wegnehmen werden ( 
Wer übrigens den Willen des Verstorbenen ausdrücklich oder stillschwei 
gend anerkannt hat, kann die Querel nicht anstellen. Ausdrücklich habe ich 
den Willen anerkannt, wenn ich erkläre, daß ich zwar befugt wäre, gegen das 
Testament zu klagen, es aber nicht thun wolle; stillschweigend, wenn ich 
das Vermächtniß annehme, welches mir im Testament hinterlassen ist. Denn, 
indem ich dieses thue, erkläre ich, daß der Verstorbene im Stand gewesen, 
etwas zu vermachen, daß er also nicht blödsinnig gewesen sey, folglich kann 
ich nachher nicht die Querel anstellen, und ihn für blödsinnig ausgeben. An 
der Gültigkeit dieser Verordnung zweifeln auch verschiedene (*), und glauben, 
daß man heutzutage ein Vermächtniß annehmen, und doch die Querel anstellen 
könne; weil der color insanire bey uns nicht gebraucht werde. 
(1) Was ist aber bey der Querel der Geschwister Rechtens? Da Justinian in 
Ansehung ihrer das alte Recht nicht geändert hat, so bin ich mit Hommeldiss. 
(§. 533.) cit. §. 10. und Andern, der Meynung, daß sie durch die Querel das 
ganze Testament umstoßen. Das Gegentheil vertheidigen Struv. Ex. 10. th. 22. 
Voet. commentar. tit. de inoff. testam. n. 15. Cocceii iur. controv. eod. tit. 
Qu. 11.
	        
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