b. G. B. §§. 797, 798.)
(Besitznehmung der Erbschaft.
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Nachlaß nur dem wahren Erben ausgefolgt werde und b) daß nur der reine Nachlaß
dem Erben eingeantwortet werde. Die Uebergabe des Nachlasses in den rechtlichen
Besitz des Erben geschieht durch die sogenannte Einantwortung des Nachlasses
(den gerichtlichen Einsatz), d. i. den Schluß der eben erwähnten Verlassenschafts
abhandlung, von welcher im Verlaufe (namentlich bei der Erläuterung des §. 819)
weiter die Rede sein wird.
II. Dertliche Grenzen der Erbrechtsnormen.* 2) Die Bestimmungen hierüber
Hie
sind in den §§. 21—25 des kais. Patentes vom 9. August 1854 enthalten.
nach ist zu unterscheiden, ob der Verstorbene Inländer oder Ausländer war.
Im
ersten Falle hat der österreichische Richter alle erbrechtlichen Fragen bezüglich
des
gesammten beweglichen und des in Oesterreich befindlichen unbeweglichen Vermögens
nach österr. Recht zu beurtheilen; nur bezüglich der Form der im Auslande errich
teten letztwilligen Erklärungen gilt der Grundsatz „locus regit actum“. (So auch
im ungarischen Recht nach §. 34 des Ges. Art. XVI. von 1876.) War der
Verstorbene Ausländer, so ist bezüglich des in Oesterreich befindlichen unbeweg
lichen Nachlasses das österreichische Recht maßgebend; der bewegliche Nachlaß ist
im Falle der Reciprocität dem
zuständigen ausländischen Gerichte zur Erbschafts
verhandlung und Entscheidung
über die Erbansprüche auszuliefern; anerkennt der
Staat, dem der Verstorbene angehörte, die Competenz des österr. Gerichtes rücksicht
lich des in seinem Gebiete befindlichen beweglichen Nachlasses eines Oesterreichers
nicht, so ist nach dem Grundsatze der Gegenseitigkeit vorzugehen. Läßt sich das Be
nehmen des fremden Staates nicht ermitteln, oder ist die Angehörigkeit des Erblassers
nicht Platz greifen kann, da diese nach §. 771 nur insoweit stattfindet, als sie in den Worten
und dem Sinne des Gesetzes gegründet erscheint.
1) Die Details über das Verfahren und die gerichtliche Competenz bei Verlassen
schaftsabhandlungen gehören nicht in die Darstellung des materiellen Privatrechtes. Das Ge
richt (unter Mithilfe der Notare) hat dafür zu sorgen, daß ihm alle Todesfälle in seinem
Bezirke bekannt werden. Bei jedem Todesfalle hat das Gericht von amtswegen die Tod
fallsaufnahme, d. i. die Constatirung aller relevanten thatsächlichen Verhältnisse und
nöthigenfalls die Versieglung des Nachlasses vorzunehmen (§. 38 cit.). Die Versieglung
ist nur dann vorzunehmen, wenn die Erben ihr Vermögen zu verwalten unfähig, abwesend
oder gänzlich unbekannt sind, wenn eine das Vermögen übersteigende Schuldenlast zu besorgen
ist oder andere Umstände besondere Vorsicht fordern (§. 43 cit.). Das Gericht publicirt ferner
die schriftliche Erklärung des letzten Willens, ladet die Zeugen eines mündlich errichteten
Testamentes oder Codicilles vor und vernimmt sie. — Sohin werden die muthmaßlichen
Erben von dem Erbanfalle verständigt und aufgefordert, sich erbzuerklären. — S. W. Mitlacher's
praktisches Handbuch des gerichtlichen Verfahrens außer Streitsachen, für die sämmtlichen
Kronländer des österreichischen Kaiserstaates. Wien, bei Tendler u. C., 1855. —
Unger
(Dr. Jos.) Die Verlassenschaftsabhandlung in Oesterreich. Ein Votum zu deren Auf
hebung. Wien 1862. — Dr. Karl Helm, in Haimerl's Vierteljahrsschrift Bd. 10, S. 198.
Harrasowsky, Grundzüge der Verlassenschaftsabhandlung. Wien 1862. — Unger, Erb
recht S. 158. — Randa, Erwerb der Erbschaft nach österreichischem Rechte auf Grundlage
des gemeinen Rechtes. Wien 1867. — Hiezu vgl. Unger in der Ger. Ztg. Nr. 2 ex 1867.
— Schuster, Dr. Ferdinand, Comment. zu dem Gesetze über das Verfahren außer Streit
sachen. 3. Auflage. Wien 1886. — Chorinsky, Carl Graf v., Notariat und Verlassen
schaftsabhandlung in Oesterreich. Wien 1878. — Für Ungarn wird das Verfahren in Erb
schaftsangelegenheiten durch den XX. Gesetzartikel ex 1877 geregelt. Hienach nimmt die
Gemeindevorstehung die Todesfallsaufnahme vor, versiegelt den Nachlaß, errichtet ein Inventar,
falls unter den Erben Pflegebefohlene oder Abwesende oder Personen unbekannten Aufent
haltes sind. Das Gericht aber publicirt die etwaigen letztwilligen Anordnungen, und die Vor
mundschaftsbehörde führt die Erbabhandlung, wenn Pflegebefohlene als Erben einschreiten, so
lange sich kein Rechtsstreit ergibt. — Vgl. die Specialausgabe dieses Gesetzartikels sammt den
Ministerialverordnungen von 1877 und 1881 (Ueber die Regelung der Vormundschaft- und
Curatel=Angelegenheiten), Budapest (Moritz Ráth) 1881 (in deutscher Sprache)
2) S. Randa, Erwerb der Erbschaft, S. 4—10; Unger, System I, S. 204 ff.
Stubenrauch, Commentar. I.