Full text: Commentar zum österreichischen Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuche (1)

[Besitznehmung der Erbschaft.) 
(b. G. B. §§. 797, 798.) 
960 
c) Endlich ist zur Begründung des fraglichen Rechtes auch erforderlich, daß 
der überlebende Ehetheil nicht aus seinem Verschulden geschieden sei. 
3. Die Frage, wer zur Bestreitung des mehrerwähnten Unterhaltes beizutragen 
habe, ist auch hier nach der Analogie des §. 783 dahin zu entscheiden, daß sowohl 
die Erben als auch die Vermächtnisnehmer verhältnismäßig zu concurriren haben.? 
- ——. 
Fünftes Hauptstück. 
Von Besitznehmung der Erbschaft. 
§. 797. 
Bedingungen zur rechtlichen Besitznehmung einer Erbschaft. 
Niemand darf eine Erbschaft eigenmächtig in Besitz nehmen. Das Erbrecht 
muß vor Gericht verhandelt und von demselben die Einantwortung des Nachlasses 
das ist, die Uebergabe in den rechtlichen Besitz, bewirkt werden. 
§. 798. 
Wie weit das Gericht nach einem Todesfalle von Amtswegen vorzugehen habe 
und welche Fristen und Vorsichtsmittel bei diesem Abhandlungsgeschäfte zu beobachten 
seien, bestimmen die besonderen, über das gerichtliche Verfahren bestehenden, Vor 
schriften. Hier wird festgesetzt, was dem Erben, oder demjenigen, der sonst einen 
Anspruch an die Verlassenschaft hat, zu thun obliege, um zu dem Besitze dessen, was 
ihm gebührt, zu gelangen. 
I. Verlassenschaftsabhandlung. Nach österreichischem Rechte ist es dem Erben 
nicht gestattet, sich durch eigene Thätigkeit in den Besitz der Erbschaft zu setzen; viel 
mehr besteht das Institut der sogenannten Verlassenschaftsabhandlung, d. i. jener 
officiösen richterlichen Intervention, welche den doppelten Zweck verfolgt, a) daß der 
einem anständigen Unterhalte ohne jede Beschränkung spricht. So auch Kirchstetter zu 
Vgl. auch E. vom 
obigem §. (Dagegen E. vom 16. November 1876, Gl.=U. 6286. 
11. Jänner 1870, Gl.=U. 3653 und vom 16. Juni 1876, Gl.=U. 6184. 
Wurde die Scheidung durch Urtheil ausgesprochen, so muß in diesem zugleich 
ausdrücklich darüber erkannt werden, ob der eine oder der andere Ehegatte oder jeder Theil, 
oder keiner von beiden an der Scheidung Schuld trage (Hfd. vom 23. August 1819, Nr. 1595 
der I. G. S.). War dagegen die Scheidung eine einverständliche, so kann weiter von 
einem Verschulden des einen oder andern Theiles keine Rede sein, und es gelten hier alle 
bereits oben bei §. 759 gemachten Bemerkungen. Wurde die Ehe für ungiltig erklärt 
oder getrennt, so entfällt jeder Anspruch aus dem vorliegenden §., da dieser „Ehegatten" 
also ein noch wirklich bestehendes eheliches Verhältnis voraussetzt. 
2) Die Behauptung Zeiller's (Pratobevera, Mat. Bd. 6, S. 329), daß in diesem 
Falle, wo Kinder den Pflichttheil erhalten, der Unterhalt des überlebenden Ehegatten ganz 
aus der andern Hälfte der Verlassenschaft genommen werden müsse, dürfte sich kaum recht 
fertigen lassen; denn die Verbindlichkeit zur Leistung des anständigen Unterhaltes muß, so 
weit sie reicht, als eine auf dem Nachlasse überhaupt haftende Last angesehen werden, 
und es scheint kein Grund vorhanden, sie nur einer oder der andern Classe der Erbnachfolger 
aufzubürden. Nur in dem Falle scheint eine Ausnahme Platz zu greifen, wenn Ascen 
denten des Erblassers als dessen Notherben einschreiten; denn ihr Pflichttheil wird ohnehin 
durch die Concurrenz des Ehegatten geschmälert und der Antheil, den dieser nach der ge 
setzlichen Erbfolge erhalten würde, kommt nicht ihnen, sondern den übrigen eingesetzten 
Erben zu gute; es scheint daher auch billig, daß diese letzteren allein die Bestreitung des 
fraglichen Unterhaltes auf sich nehmen. Nicht gerechtfertigt ist es, wenn Winiwarter 
(a. a. O. S. 413) behauptet, daß die Unfähigkeit zu erben auch den Anspruch auf den 
fraglichen Unterhalt ausschließe, wiewohl eine eigentliche Enterbung in Ansehung desselben
	        
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