Full text: Commentar zum österreichischen Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuche (1)

(b. G. B. §. 796. 
959 — [Unterhaltsanspruch d. überleb. Ehegatten.) 
154), sondern nur auf den nothwendigen Unterhalt, d. i. auf denjenigen, der 
zur Bestreitung der unentbehrlichen Lebensbedürfnisse hinreicht. 
2. Auf keinen Fall kann sich der in Frage stehende Anspruch höher stellen, 
als der Pflichttheil." 
§. 796. 
und [Anspruch) des Ehegatten auf den anständigen Unterhalt. 
Ein Eheaatte hat zwar kein Recht auf einen Pflichttheil; es gebührt ihm aber, 
wenn für den Fall des Ueberlebens keine Versorgung bedungen worden ist, und so 
lange er nicht zur zweiten Ehe schreitet, der mangelnde anstandige Unterhalt. Ein 
aus seinem Verschulden geschiedener Ehegatte hat darauf keinen Anspruch. 
Unterhaltsanspruch des überlebenden Ehegatten.*) 1. Es ist schon oben bei 
§. 757 erwähnt worden, daß das westgalizische Gesetzbuch dem überlebenden Ehe 
gatten noch ein Recht auf den dritten Theil dessen einräumte, was ihm in Er 
manglung eines letzten Willens zugekommen wäre; der vorstehende §. verfügt 
dagegen ausdrücklich, daß der Ehegatte kein Recht auf einen Pflichttheil habe. 
2. Ist für den Fall des Ueberlebens des Ehegatten keine Versorgung des 
selben bedungen, so kann der überlebende Theil, sei es der Gatte oder die Gattin, 
aus der Verlassenschaft den anständigen Unterhalts) fordern, jedoch nur unter 
folgenden Voraussetzungen: 
a) daß dieser Unterhalt nicht aus seinem eigenen Vermögen oder anderen ihm 
zustehenden Einkünften bestritten werden kann, weil das Gesetz ihm nur ein Recht 
auf den mangelnden anständigen Unterhalt einräumt; 
b) daß der fragliche Ehetheil nicht zu einer zweiten Ehe schreitet; denn 
ist es die Witwe, welche sich wieder verehelicht, so hat sie in Hinkunft von ihrem 
neuen Ehegatten den Unterhalt anzusprechen (§. 91); verheiratet sich aber der Gatte 
zum zweiten Male, so gibt er eben dadurch zu erkennen, daß er seine neue Gattin 
erhalten kann, also selbst keinen Mangel am Unterhalte leidet. 
1) S. Winiwarter, bürgl. Recht, Bd. 3, S. 408: a. A. ist Nippel (Bd. 5, S. 153), 
welcher, soferne der Pflichttheil zur Alimentation nicht hinreicht, dem Pflichttheilsberechtigten 
sogar das seiner Ansicht nach weitergehende Recht des §. 795 einräumen will. — Eine Aus 
nahme greift nur in Ansehung der unehelichen Kinder Platz, weil die Verbindlichkeit, sie 
zu pflegen und zu versorgen, nach §. 171 gleich einer andern Schuld (obligatio, im Gegen 
satze zu officium) auf die Erben der Eltern übergeht. Hinsichtlich der Frage, woher der dem 
ausgeschlossenen Notherben gebührende Unterhalt zu nehmen sei, dürfte mit Winiwarter 
(bürgl. Recht, Bd. 3, S. 409) unterschieden werden, ob nebst dem gedachten Notherben noch 
andere vorhanden sind, denen der Pflichttheil des ausgeschlossenen zu Statten kommt, oder 
ob dies nicht der Fall ist. Unter der erstgedachten Voraussetzung scheint es nämlich billig, 
daß die concurrirenden Notherben, die von der fraglichen Ausschließung Vortheil ziehen, auch 
die Last des Unterhaltes übernehmen; im zweiten Falle dürften aber nach der Analogie des 
§. 783 
sowohl die eingesetzten Erben als auch die Legatare verhältnismäßig zu dessen Ent 
richtung beizutragen haben. 
2) Vgl. Hofmann in Grünhut's Zeitschr. I. S. 546 ff.; Anders, Familienrecht 
S. 158 
(1887 
3) Da der eben erörterte Anspruch auf den anständigen Unterhalt an die Stelle des 
früher eingeräumten Pflichttheils getreten ist, so meint Winiwarter (bürgl. Recht, Bd. 3, 
S. 411), daß er, wie auch die Einschaltung des §. 796 in das Hauptstück vom Pflichttheile 
bestätiget, wenigstens in einiger Hinsicht, die Natur eines Erb- oder Pflichttheiles an sich 
trage, daß er also in keinem Falle den gesetzlichen Erbtheil übersteigen dürfe, welchen die 
§§. 757 und 758 dem überlebenden Ehegatten zuweisen. Dagegen wurde in einem in der 
österr. Ger. Ztg. 1852, Nr. 28 mitgetheilten Rechtsfalle von Seite des obersten Gerichtshofes 
entschieden, daß der überlebende Ehegatte nicht schuldig sei, sich mit dem gesetzlichen Erbrechte 
zu begnügen, sondern daß er, wenn der Erbtheil nicht genügt, aus der Masse das Fehlende 
Auch Hofmann a. a. O. vertritt die An 
des anständigen Unterhaltes fordern könne. — 
sicht, daß der Unterhaltungsanspruch des überlebenden Ehegatten — als ein obligatorischer 
Anspruch gegen den Nachlaß — selbst über die Intestatportion hinausgeht, da §. 796 von
	        
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