III. Buch. Von den Obligationen.
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§. 271.
4 L. 16. D. 45. 2. Ex duobus reis stipulandi si semel unus egerit, alteri
promissor offerendo pecuniam nihil agit. cf. L. 2. in f. D. de duob. reis. 45. 2
„ideoque petitione, acceptilatione unius tota solvitur obligatio.“ In Beziehung
auf diesen Satz sind Wächter S. 58. und Savigny Obl. I. S. 183. anderer Meinung:
der Schuldner soll gleichzeitig von jedem Gläubiger mit der Klage auf das Ganze ver
folgt, obwohl nur einem zu zahlen gezwungen werden können. vgl. Vangerow III. S. 102.
Der Natur des Verhältnisses entspricht dies gewiß nicht und ist es daher nicht gerecht
fertigt, die Aufnahme der ganz bestimmt das Gegentheil sagenden L. 16. cit, als ein
bloßes Versehen der Compilatoren für unerheblich zu erklären. Vgl. Puchta §. 235.
Anm. g. L. 57. §. 1. D. 46. 3. bezieht sich allerdings zunächst nur auf den adiectus
solutionis causa: Item si mihi aut Titio stipulatus fuero dari, deinde petam.
amplius Titio solvi non potest, quamvis ante litem contestatam posset. Aber
in Ansehung der Möglichkeit, an ihn zu zahlen, ist jener dem correus stipulandi nabe
verwandt. Vgl. auch Bekker Consumtion S. 11. Fitting a. a. O. S. 69. fg. 216. 251.
Fritz a. a. O. S. 98. fg. Eine abweichende Meinung hat wieder Baron a. a. O.
S. 366. fg., indem er zwar mit Bekker die Klage der andern Mitgläubiger durch die
Litiscontestation des einen für consumirt hält, aber darnach eine naturalis obligatio
des Schuldners auch jenen gegenüber noch anerkennt, durch deren Erfüllung auch jetzt
noch die Gesammtobligatio getilgt werde. Das Wort offerendo in L. 16. cit. scharf
betonend, findet er in dieser nur den Ausspruch, daß der Schuldner durch Erbieten zur
Erfüllung an einen Andern als den klagenden Correus keine mora accipiendi bewirke.
noch sich von seiner mora solvendi gegenüber den letzten befreie (nihil agit). Die
Erklärung scheint mir so unbefriedigend, wie sie künstlich ist. Der Beklagte haftet dem
Kläger für id quod is habiturus fuisset, si statim solutum esset; wie sollte er sich
von dem Anspruch des Klägers dadurch befreien können, daß er durch willkürliche Zah
lung an einen andern die Gesammtobligatio und damit auch die sog. Sonderobligatio
des Klägers zerstört? wie sollte selbst bei einem strictum judicium die auf den Kläger
lautende Condemnatio der Formula durch jene Zahlung ihre Kraft verlieren? Das hieße:
die milde Regel der Sabinianer „omnia iudicia absolutoria esse“ (Gai, IV. 114.)
mit proculianischer Schärfe handhaben. Vielmehr muß man sagen: weil es sowohl der
Billigkeit als dem strengen Recht widerstreiten würde, daß der Beklagte den bereits
erhobenen Rechtsanspruch des Klägers durch seine Willkür vereitele, so kann er sich
post litem contestatam nicht mehr durch Zahlung an einen andern von jenem befreien.
so wenig wie bei einer Popularklage durch Zahlung der verwirkten Strafe an einen
andern Mitbürger; eben deswegen muß er nicht blos zufolge der processualischen Consumtion
(§. 113.), sondern auch ex aequo et bono gegen die Forderung der andern geschützt
seyn; und deshalb ist er diesen auch nicht mehr naturaliter obligirt. Dies zugleich gegen
Fitting S. 69.
§. 272.
E. Durch Bedingung und Zeitbestimmung.
Ist eine Obligatio unter auflösender Bedingung eingegangen, so
wird sie nach Erfüllung dieser als nicht eingegangen behandelt“. Ist die
Dauer einer Obligatio auf eine gewisse Zeit eingeschränkt (ad diem,
certum oder incertum), so ist nach Eintritt des Endtermins der Schuldner
r §. 71, Anm. 5. 6. §. 249.