Full text: Tuhr, Andreas von: ¬Der Nothstand im Civilrecht

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der Ersatzpflicht nicht befreit, Schadenersatz leisten, soweit er nicht den 
immer mit großen Schwierigkeiten verbundenen Beweis zu führen ver 
mag, daß die fremden Sachen auch ohne sein Zuthun zu Grunde ge 
gangen wären*). Es kann aber auch vorkommen, daß der Eigen 
thümer der einen gefährdeten Sache sich vornimmt, die ganze Güter 
masse zu retten: er schließt einen Rettungsvertrag oder begeht einen 
Eingriff in das Rechtsgebiet eines unbetheiligten Dritten. Was er 
aus dem Vertrag zu leisten oder aus seiner Nothstandshandlung als 
Ersatz zu zahlen hat, kann er, wenn seine Einmischung durch die Ver 
hältnisse gerechtfertigt war, pro rata des Werths der geretteten Güter 
von deren Eigenthümern ersetzt verlangen; denn er hat als ihr Ge 
schäftsführer gehandelt?). Wenn er nun statt die Gütermasse mit 
Rettungskosten zu belasten, den nöthigen Rettungsaufwand aus ihr 
selbst nimmt, indem er einzelne Sachen zur Erhaltung des Ganzen 
opfert, so erfordert die Rechtsconsequenz dieselbe Entscheidung: Ver 
theilung des Schadens auf die ganze Gütermasse, zu deren Rettung 
er verursacht worden ist; hat der Rettende eine eigene Sache geopfert 
so bekommt er nur verhältnißmäßigen Ersatz; hat er eine fremde zur 
Rettung geopfert, so hat er nur eine verhältnißmäßige Quote ihres 
Werthes zu bezahlen und kann das Gezahlte pro rata von den Eigen 
thümern der geretteten Güter fordern. 
Dieselben Rechtssätze kommen zur Anwendung, wenn verschiedene 
gemeinsam gefährdete Sachen auf Grund von Vertragsverhältnissen in 
der Verfügungsgewalt einer Person stehen. Diese Person hat die Be 
fugniß und die Pflicht, je nach Umständen einen Theil der Sachen 
zur Errettung der übrigen zu opfern. Die Vertheilung des Schadens 
auf die Eigenthümer der geretteten Güter geschieht mittelst der be 
treffenden Vertragsklagen3). 
*) S. oben S. 63. 
2) Er konnte ja auch, wie wir angenommen haben, sich ausschließlich um 
seine eigenen Sachen gekümmert haben; und gerade dies ist die Voraussetzung, 
unter welcher bei Handlungen in gemeinsamem Interesse die a. neg. gest. ge 
währt wird. fr. 6 § 2 comm. div. 10, 3. 
3) Windscheid § 403, Anm. 13. Vergl. Badisches Landrecht A. 1381a fg.
	        
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