IV. Schwer. Rescripte.
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6) Ministerial-Rescr. vom 18. Juni 1853 an das Amtsgericht
zu Lübtheen *).
Dem Amtsgerichte zu Lübtheen werden die mit seinem Vortrage vom 8.
d. M., betreffend die Declaration des § 6. der Verordnung vom 8. März 1774
wegen der cura absentium, eingereichten Acten hieneben mit folgender Resolution
remittirt:
1) Die erste Frage anlangend: ob die in dem § 6. der Verordnung vom
8. März 1774 vorgeschriebene Edictalladung nach 30jähriger Curatel über das
Vermögen des Abwesenden, oder nach 30jähriger Abwesenheit des Verschollenen zu
erlassen sei? so lassen die verschiedenen landesherrlichen Erläuterungen des § 6. der
Verordnung vom 8. März 1774, wie das Rescript vom 12. Februar 1783 an
Bürgermeister und Rath zu Grabow, das förmlich als Gesetz publicirte und allen
Gerichten zur Befolgung ausdrücklich befohlene Notificatorium vom 25. Mai 1811
und das Rescript vom 12. Mai 1817 keinen Zweifel darüber, daß die Dauer des
in jenem § 6. vorgeschriebenen 30jährigen Zeitraums, welcher der Edictalladung
des Verschollenen und seiner etwanigen ehelichen Descendenz vorhergehen soll, von
der Zeit der Entfernung des Abwesenden an zu berechnen ist. Da nun diese Er
läuterungen des § 6. nach richtigen Rechtsansichten ebenfalls als Gesetz zu befolgen
sind — indem der Landesherr das ihm zustehende Recht der Gesetzgebung auch
durch derartige Rescripte zu üben befugt ist, die Frage von dem etwanigen Anspruch
der Stände zur Concurrenz an derartigen Bestimmungen aber nur die Rechte der
Stände betrifft, mithin nur diese, nicht die lediglich zum Gehorsam gegen die lan
desherrlichen Verordnungen verbundenen und zur Vertretung der ständischen Rechte
nicht berufenen Gerichte und Behörden angeht, ohnehin aber auch das Notificato
rium vom 25. Mai 1811 gleichzeitig dem Engeren Ausschusse von Ritter- und
Landschaft communicirt, ständischer Seits aber nie eine Einwendung gegen dasselbe
gemacht worden ist — so hat es einer nachmaligen Anfrage wegen der gedachten
Frage nicht bedurft. Im Uebrigen stimmt aber auch die, in den gedachten Erläute
rungen enthaltene Entscheidung derselben mit dem richtig erwogenen und verstandenen
Inhalte der Verordnung vom 8. März 1774 im Wesentlichen überein, und ist
daher die von dem Amtsgerichte unterstellte Abweichung der ersteren von dem
letzteren nicht begründet. Denn da, nach dem § 1. der Verordnung, wenn Jemand,
der sich außer Landes entfernt, von seinem Aufenthalte und Leben demnächst keine
Nachricht gegeben, die cura absentis „sofort" angeordnet werden soll, so treffen,
*) Raabe V. S. 315.