Full text: Skarda, L. I.: ¬Das österreichische Privilegienrecht in politischer, civilrechtlicher und technischer Beziehung

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§. 25. 
4. Bezüglich des Verfahrens bei Ertheilung der Gewerbe 
und Privilegien. 
Wird um die Verleihung eines Gewerbes eingeschritten, oder wie man 
zu sagen pflegt, eingeworben, so wird über das Gesuch des Einwerbers vorerst das 
Amt gehandelt, also das gesetzlich vorgeschriebene Verfahren eingeleitet, d. h. es 
werden von der Behörde vorerst die Eigenschaften des Einwerbers, und die zur 
Erlangung des fraglichen Gewerbes gesetzlich vorgeschriebenen Erfordernisse, also 
sein Alter, seine Sitten, seine Lehr-, Gesellen- oder sonstigen Servirjahre, sein 
Vermögen u. s. w. erwogen, und nachdem zuvor bei zünftigen Gewerben die 
Zunft- oder Innungsvorsteher der nähern und bessern Aufklärung wegen über 
alle von dem Einwerber ausgewiesenen Eigenschaften und gesetzlichen Erfordernisse 
vernommen worden sind, und nachdem es sich aktenmäßig ergibt, daß der Bitt 
steller alle Erfordernisse, welche die Gewerbsvorschriften von ihm nach Beschaffenheit 
des angesuchten Gewerbes verlangen, genau erfüllt hat, 
und bei Polizeigewerben 
auch noch der Localbedarf und die örtliche Nahrungsfähigkeit in Erwägung ge 
zogen worden ist, so wird dem Bittsteller, nachdem er sein Probe- oder Meister 
stück abgelegt, und dieses für gut befunden worden ist, endlich das langersehnte 
Meisterrecht, bezüglich dessen er erst nur wieder auf den obrigkeitlichen Bezirk, 
für welchen es ihm verliehen, strengstens beschränkt ist, ertheilt. —- Und wie 
ganz anders ist das Loos eines Privilegienwerbers. Bloß den a. h. Privilegien 
vorschriften unterliegend, reicht er sein mit der Beschreibung gehörig belegtes 
Gesuch ein, erlegt die Privilegientaxe, und erhält augenblicklich das Certificat 
über die Priorität, wodurch er nach erlangter Privilegiumsurkunde im ganzen 
Umfange des Staatsgebiethes, also überall, wo das Privilegien-Patent Gesetzes 
kraft hat, seine privilegirte Erfindung in dem größt möglichsten Umfange, und 
jeder beliebigen Ausdehnung auszuüben berechtiget ist. 
Der Grund dieser bei Gewerben im Gegensatze von Privilegien einander 
schnurstrax entgegengesetzten Verschiedenheit liegt in der Beförderung des allge 
meinen Interesses der gesammten National-Industrie. 
Bei den verschiedenen Klassen der Gewerbe soll die National-Industrie durch 
Handhabung der Gewerbsgesetze befördert werden, weil auf diese Art die Gewerbe 
unter dem wachsamen Auge des Gesetzes, das Keinen, der sich üͤber die Tuͤchtig 
keit in seinem Fache nicht auszuweisen vermag, zum Meisterrechte gelangen laͤßt, 
aufzublühen vermögen, wodurch einerseits der jugendlich kraftvolle Gewerbfleiß 
herrlich aufblühet und die schönsten Früchte trägt, anderseits aber zugleich das 
Publicum mit talentvollen Gewerbsmaͤnnern und tuͤchtigen Meistern, denen es 
wegen ihren erprobten Fähigkeiten allerdings Zutrauen schenken darf, versehen 
wird. Wenn auch wirklich dem jungen Einwerber die Befolgung der von den Ge 
werbsgesetzen vorgeschriebenen Erfordernisse schwer fäͤllt, so darf ihn dieses nicht 
entmuthigen, denn gerade die Ueberwindung dieser Schwierigkeiten bildet ihn zum
	        
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