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des Geistes und Charakters zu Tage zu fördern, welche sonst, ohne Anlaß
sich geltend zu machen, im Dunkeln blieben.
In Ihrem Berathungssaale, meine Herren, befindet sich das Brustbild eines
Mannes, des Hrn. Georg Humann, welcher in keiner andern Weise anfing
und als Minister des Königs Ludwig Philipp starb. Sein Beispiel sollte nebst
vielen andern dazu dienen, die HHrn. Juristen davon zu überzeugen, daß in
einem Lande, wo die allgemeine Kultur einen gewissen Grad der Entwicklung
erreicht hat, man nicht fürchten muß, eine Befugniß, die den Handelsleuten
schon seit 300 Jahren zusteht, sich durch ihre eigenen Vertreter Recht zu ver
schaffen, bestehen zu lassen.
Wenn es abstrakte Rechtsprinzipien gibt, welche im Schooße der Reichstags
kommission obgesiegt haben, so gibt es auch Erwägungen politischer und mora
lischer Natur, die man jenen entgegenzustellen vermag, indem man sich auf die
unabweislichen Bedürfnisse der Gegenwart beruft.
Wenn der Lordkanzler von Großbritannien dem Oberhause und der Queen's
Bench präsidirt, so sitzt er auf dem Wollsack, dem Symbole der Produktivkraft,
die eine Nation zu Größe, Reichthum und Macht erhebt. Was würde man
sagen, wenn eine andere europäische Großmacht, statt den deutschen Handel und
das deutsche Gewerbe in aller Augen emporzuheben, sie unfähig erklären würde,
ihre eigenen Angelegenheiten selbst zu verwalten und sie der Achtung zu berau
ben, die sich an die Rechtsprechung knüpft?
Indem ich schließe, meine Herren, schlage ich Ihnen folgendes Beschlußpro
jekt vor:
„Die Handelskammer von Straßburg dankt dem deutschen Handelstag für
seine Mittheilung in Bezug auf den Beschluß der Justizkommission des Reichs
tags, welchem zufolge die Beseitigung der Handelsgerichte beantragt werden soll.
„Von diesem Beschlusse aufs Tiefste betroffen, schließt sich die Handels
kammer von Straßburg den Motiven des von ihrem Präsidenten erstatteten
Berichtes an und protestirt aus allen Kräften gegen eine Maßregel, welche
mit den geschichtlichen Ueberlieferungen brechen, Handel und Industrie schädigen
und dem öffentlichen Interesse zuwiderlaufen würde."
Dieser Vorschlag des Herrn Julius Sengenwald wurde von der Straßburger
Handelskammer einstimmig angenommen und ferner von ihr beschlossen, dem
deutschen Handelstage als Mitglied beizutreten. Herr Gustav Bergmann,
Handelskammermitglied, wurde dann zum Delegirten zu der auf Sonnabend
den 29. Mai anberaumten außerordentlichen General-Versammlung des Han
delstags bezeichnet.