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in Frankreich zuerst aufgeführt sein und somit den
Schutz des Staatsvertrages dennoch geniessen? Ich glaube
nicht, dass das die Meinung des Vertrages ist; es würden
ja sonst zwei verschiedene Gesetzgebungen auf solche Com
positionen anzuwenden sein, die des ersten Erscheinens,
und die der ersten Aufführung; das ist doch kaum gewollt.
Vielmehr ist die Meinung wohl die, dass die nicht ver
öffentlichten, aber in Frankreich aufgeführten Compositionen
ebenso geschützt sein sollen wie die veröffentlichten. Aber
allerdings ist der Wortlaut des Staatsvertrages hierüber
nicht klar.
Ferner geht die Bestimmung des Staatsvertrages nur
dahin, dass die betreffenden Componisten so geschützt wer
den, wie wenn ihre Werke in der Schweiz erschienen
wären, also nicht etwa dahin, dass sie auch in der Schweiz
die französische Schutzfrist von 50 Jahren geniessen. Ich
betone das darum, weil einer dieser Unteragenten von einem
meiner musikalischen Freunde sogar vor dem Friedensrichter
eine Tantième für ein Chopinstück verlangte und wohl
auch bekommen hätte, wenn nicht juristischer Rath dazwi
schen getreten wäre, während Chopin schon im Jahre 1849
gestorben ist.
Endlich folgt aus dem Vertrage, dass jene Gesellschaft
nicht Honorare von beliebiger Höhe für die Aufführungen
wirklich geschützter Stücke verlangen, und, wenn ihre For
derung nicht bezahlt wird, die Aufführung verbieten kann
dass sie vielmehr sich unter allen Umständen mit 2% der
Brutto-Einnahmen begnügen muss, und bei deren Sicher
stellung die Aufführung nicht zu hindern vermag.
Wer also von der genannten Gesellschaft auf Zahlung
einer Tantième belangt wird, wird vor Allem den Ausweis
darüber verlangen
1. dass der betreffende Componist in einem Lande
domicilire, welches ihm durch Staatsvertrag oder
Reciprocität überhaupt künstlerischen Schutz für
hierseitige Aufführungen gewährt;
dass die betreffende Composition in einem solchen
2.
Lande nach Abschluss des Staatsvertrages zuerst
erschienen oder aufgeführt worden sei, wobei dem