IV
sozialen Frage auch diese anderen Weltübel nicht länger
fortbestehen würden.
Was mir stets am meisten zu denken gab, war der
ungeheuerliche, geradezu satanische Widerspruch: Die Welt
kultur vervollkommnet sich immer mehr, die Menschen ge
stalten sich ihr Leben immer bequemer und angenehmer,
dabei verlieren sie immer mehr an Glück und Zufriedenheit.
Die Welt häuft Schätze auf Schätze und die Menschen wer
den immer ärmer und elender. Die Welt macht die grössten
Fortschritte in Wissenschaft und Technik, in Bildung und
Gesittung; allein in Sittlichkeit und Menschlichkeit sind an
scheinend nur Rückschritte zu verzeichnen. Ueberhaupt
jemehr die Welt fortschreitet, um so friedloser wird sie,
wie ist das zu begreifen? Wie erklären wir uns diese aller
auffälligsten Widersprüche des Lebens und Daseins?
Die Menschen machen Fortschritte auch in Bildung
und Gesittung, auch in Einsicht und Erkenntnis. Wenn nun
trotz dieser Einsicht und Gesittung die Menschen immer
unglücklicher, fried- und sittenloser werden, so muss doch
irgend ein Ilemmnis, irgend ein sehlerhaftes Agens in das
Entwickelungsgetriebe hineingeraten sein; fast möchte man
sagen, wenn man nur daran glauben könnte — da muss der
Teufel seine Hand im Spiele haben, der uns ein Kuckucksci
ins Nest gelegt, der alle guten Bestrebungen in ihr Gegen
teil verkehrt und der die besten Absichten aller einsichts
vollen, gottbegeisterten Männer, welche jederzeit für das
Heil der Mitmenschen ihr Leben zu opfern bereit waren,
zu Schanden werden licss.
Ich habe Jahre lang mit Ernst und Eifer darüber nach
gedacht: Wo steckt der Fehler? Welch eine Macht ver
stellt und verkehrt uns das Ziel der Entwickclung zu allem
Guten? Welcher verderbliche Faktor hat sich dem Fort¬