Full text: Rülf, Jakob: ¬Das Erbrecht als Erbübel im Hinblick auf die zukünftige Entwickelung der menschlichen Gesellschaft

der kann auch nichts besitzen. Alles, was ich besitze muss 
erworben sein, sonst ist es unrechtmässiges Gut. Nur durch 
den Erwerb, das will immer und überall bedeuten, recht 
mässige Aneignung durch Händearbeit und Geisteskapazität. 
geht das Gut in meinen Besitz über. Einen anderen Besitzes 
titel und Erwerbsakt giebt es nicht. 
Nur auf Grund des Erwerbsrechts liesse sich allenfalls. 
dem Anscheine nach, auch ein Erbrecht begründen. Warum 
sollte ich das redlich und rechtlich erworbene Gut nicht 
auch auf meine Kinder vererben können; ist es doch mein 
redlich und rechtlich erworbenes Gut? Ich habe gestrebt 
und gearbeitet, geplant und gehandelt, gesonnen und ge 
schafft, habe Körper und Geist angestrengt, alle meine 
Fähigkeiten und Fertigkeiten, alle meine Anlagen und Kräfte 
auszubeuten gesucht, um zu einem Besitztume zu gelangen, 
vielleicht mit der einen, einzigen Absicht, um den Kindern 
zu ihrem Leben und Fortkommen irgend einen Besitz 
zu hinterlassen; und dieses mein wohlerworbenes Gut sollte 
ich nicht meinen Kindern vererben, mit diesem Gute sollte 
ich nicht frei schalten und walten und über dasselbe Ver 
fügung nach meinem Ableben treffen können? 
Alle diese Erwägungen sind offenbare Mitursachen bei 
Entstehung des Erbrechtes gewesen, sind wenigstens heut 
zutage, wie überhaupt unter den zivilisierten Völkern aller 
Zeiten in Rücksicht auf das Erbrecht in erster Reihe in 
Anschlag gekommen. Ob man wirklich berechtigt war auf 
solche Erwägungen hin ein Erbrecht zu begründen? Das 
ist freilich eine ganz andere Frage. 
„Was du ererbt von deinen Vätern hast, erwirb es um 
es zu besitzen.“ Selbst der Dichter des „Faust“ hat eine 
Ähnung von dem wirklichen, dahin gehenden Sachverhalt, 
dass nur das Erwerbsrecht irgend ein Besitzrecht begründen 
könne. Ist in dem Besitzrecht aber auch schon ein Erb 
recht enthalten? Allem Anscheine nach, ja. Zum Besitz 
rechte gehört das Recht der freien Verfügung über den
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer