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Einige, wenige Äeusserungen der Statuter, wenn sie sagen, »ein
jeglicher Erbe, der einmal der Erbschaft sich unterziehete (2 III 7),
oder »ehe und bevor die Erbschaft angetreten- (8 III 2), oder wenn sie
den Eid der wegen Schuld belangten Kinder dahin feststellen, »dass sie
sich ihrer Eltern Erbschaft nicht angemasset“(12 I 34), erlauben gegen
über einer Jahrhunderte lang dauernden Rechtsübung nicht den Schluss,
dass das Statut von 1603 nun völlig mit dem bisherigen, den Erwerb
einer Erbschaft regelnden Deutschen Rechte habe brechen wollen.
Mit demselben Rechte könnte man die Nothwendigkeit einer
Römischen aditio hereditatis auch in den Sachsenspiegel hinein inter
pretiren, denn auch dieser sagt (I, 6 § 2); »swe so daz erve nimt, de
sal dur recht die scult geldens, und das Grimm'sche Lexicon (III Sp. 710
ad 6) übersetzt »Erbe nehmenc für die heutige Sprache mit 2die Erb
schaft antreten.. Vgl. v. Sydow 1. c. S. 312 und 362 not. 1129.
Jene Auslegung der Statutenvon 1603 ist aber auch um deshalb
unzutreffend, weil schon die älteren Ordele und Statute von 1270, 1292
und 1497, die doch über den Verdacht einer Beeinflussung durch das
Römische Recht erhaben sind, bei ähnlichen Gelegenheiten ganz ähnliche
Ausdrücke gebrauchen, indem sie von Erben reden, welche ihr Erbe
»upboren oder upnemen..
Diese Ausdrücke, ebenso wie die nur auf einer anderen, allerdings
bereits durch die Terminologie des Römischen Rechts beeinflussten Sprach
weise beruhenden Redewendungen der neueren Statutenbeziehen sich
überall gar nicht auf den rechtlichen Erwerb der Erbschaft, sondern
betreffen vielmehr die Verpflichtung des Erben den Erbschaftsgläubigern
gegenüber. Sie wollen sämmtlich die thatsächliche Annahme der Erb
schaft durch den Erben, die factische Einmischung desselben als das
Moment zur Geltung bringen, durch welches der Erbe für die auf dem
Erbe ruhende Schuld verpflichtet erscheint.
Man mag daher solche Bestimmungen für den Beweis verwerthen,
dass das Hamburgische Erbrecht eine allgemeine Ausschlagung des
Erbrechts sehr wohl kennt und zulässt, bis ein Erbe sich eingemischt
hat. Dafür jedoch, dass die Statuten von 1603 die Grundsätze des
älteren Deutschen Rechts über den Erbschaftserwerb aufgegeben hütten
und zu den Grundsätzen des Römischen Rechts in dieser Materie über
gegangen seien, geben solche Worte keinen genügenden Anhalt.