Holstein.
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Nachdem sich durch die Vereinigung Holsteins mit der preußischen
b) nach der Ber
einigung des Lan
des mit Preußen Monarchie die staatsrechtlichen Verhältnisse dieses Herzogthums geändert
haben, und es nicht bekannt war, ob die bisherige Civilgesetzgebung in Hol
stein unter preußischer Herrschaft insbesondere in Bezug auf Verlassenschaften
fortbesteht, wurde dießfalls die erforderliche Erhebung, aus Anlaß des in
Böhmen erfolgten Todes eines Holsteiners, eingeleitet.
Ueber die erhaltene Auskunft wurde dem böhmischen Oberlandesgerichte
mit Justizministerialerlaß vom 15. Juli 1868, Z. 8108, die durch das
k. k. Ministerium des Aeußern eingelangte Erklärung') des königlich preußi
schen Appellationsgerichtes in Kiel vom 3. Juni 1868 zur weiteren Belehrung
des Bezirksgerichtes in Hostau mit dem weiteren Anfügen übersendet, daß
die königlich holsteinische Regierung der obigen Erklärung des Appelgerichtes
nichts hinzuzufügen befunden habe.
* Dieselbe lautet:
Mittelst Schreibens vom 28. April d. J. hat die k. Regierung in Veranlassung
eines dießfälligen Schreibens des Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten eine
Mittheilung darüber erbeten, welche Grundsätze in Betreff der Behandlung der Nach
laßsachen von Ausländern im Bereiche des Großherzogthumes Holstein in Geltung
seien, und inwiefern dieselben mit den im Kaiserreich Oesterreich geltenden bezüglichen
Bestimmungen in Einklang stehen oder von ihnen abweichen.
In dieser Anleitung unterläßt das Appellationsgericht nicht, bei Remittirung
des mitgetheilten Ministerialschreibens Folgendes zu bemerken:
Die Zuständigkeit der holsteinischen Erbtheilungsbehörden richtet sich nach dem
Domicil des Erblassers, ohne daß es dabei einen Unterschied macht, ob letzterer ein
In- oder Ausländer ist. Ein bloß vorübergehender Aufenthalt begründet dagegen
keine Competenz, und wenn also ein Ausländer, der in Holstein nirgends ein Do
micil gehabt, hier bei einem vorübergehenden Aufenthalte verstirbt, so würde die
Behörde des Ortes, wo der Todesfall einträte, nur für die einstweilige Sicherung
des Nachlasses Sorge zu tragen und denselben zur Erbregulirung an die beikom
mende Behörde des Auslandes auszuliefern haben. Diese Grundsätze stehen mit den
in Oesterreich geltenden Bestimmungen nur zum Theil in Einklang.
1) Sofern der Erblasser in Oesterreich oder in Holstein nur vorübergehend
sich aufhält, wird sowohl dort wie hier für die Sicherung des Nachlasses Sorge ge
tragen, die Regulirung desselben aber der beikommenden Behörde desjenigen Staates
überlassen, dem der Erblasser angehörte.
2) Dasselbe Verfahren wird in Oesterreich beobachtet, wenn ein dort verstor
bener Ausländer daselbst sein Domicil hatte; in Holstein übernehmen in diesem Falle
die hiesigen Behörden die Regulirung des Nachlasses und zwar in Gemäßheit der
am Orte, wo der Erblasser domicilirt war, geltenden Gesetze.
3) In Oesterreich scheinen die Gerichte, bevor sie die Erbschaft an die aus
ländische Behörde ausliefern, das Juteresse von Erbberechtigten, welche dortige Unter
thanen sind oder im dortigen Lande sich aufhalten und von dortigen Gläubigern,
ex officio wahrzunehmen und sicher zu stellen; in Holstein würden die Ge
richte wenigstens der Regel nach nur auf motivirten Antrag Beikommender zu hau
deln haben.
Schließlich ist noch zu bemerken, daß in Holstein in Beziehung auf die hiesigen
adeligen Güter der Landsassiatus plenus geltend ist, und daß demzufolge jeder
Nachlaß, soweit derselbe in einem hiesigen adeligen Gute besteht, von der hiesigen
beikommenden Behörde regulirt wird, mag der Erblasser in Holstein oder im Aus
lande sein Domicil gehabt haben.