Full text: Handbuch der gesamten Handelswissenschaften für ältere und jüngere Kaufleute, sowie für Fabrikanten, Gewerbetreibende, Verkehrsbeamte, Anwälte und Richter (1)

I. Einleitung. 
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Bald läßt sie einzelne getrennte Leistungen deutlich unterscheiden und gestattet 
dann für jede derselben den Lohn besonders abzumessen; bald lassen sich die 
einzelnen Leistungen nicht trennen, sondern erscheinen als ein fortgesetztes Ganzes, 
welches demnach auch einen Kollektivlohn beansprucht. Charakteristisch ist der 
Verkehrsarbeit auch die Notwendigkeit einer möglichst ununterbrochenen Thätig 
keit, eines kontinuierlichen Dienstes und daher die Notwendigkeit gegenseitiger 
Ablösung durch mehrere in derselben Richtung thätige Personen. 
2. Handel und Transportwesen. 
Wie Tausch und Handel in der innigsten Wechselbeziehung mit dem Trans 
portverkehr stehen, wurde schon früher flüchtig berührt. Diese Wechselbeziehung 
war Veranlassung, daß in der allgemeinen Anschauung Handel und Transport 
wesen häufig kaum unterschieden werden. Der Handel hat den größten Teil 
des Transportwesens nötig und wirtschaftlich möglich gemacht, ebenso wie um 
gekehrt die Fortschritte des Transportwesens erst die kolossale Entwicklung des 
modernen Welthandels ermöglicht haben. Das Prinzip der Arbeitsteilung hat 
aber dahin geführt, daß eine immer schärfere Teilung zwischen Handel und 
Transportwesen eingetreten ist. Der Kaufmann von heutzutage riskiert nicht 
mehr sein Leben wie Sindbad der Seefahrer, sondern überläßt das seinen Kapi 
tänen und Matrosen; er schützt nicht mehr mit gewaffneter Faust seinen Fracht 
wagen gegen die Stegreifreiter und Schnapphähne der mittelalterlichen Land 
straße, sondern dirigiert aus seinem Comptoir die Bewegung seiner Waren, die 
ihm von fernen Bahnzügen und Expeditionen besorgt wird. Es kann daraus 
dem modernen Welthandel kein Vorwurf gemacht werden; die ganze Erscheinung 
liegt in der Natur der Sache. Und eine Richtung zivilisatorischer Thätigkeit 
muß dem Handel auch heute noch zugeschrieben werden: das Streben nach der 
Verwirklichung internationaler Rechtsideen. 
Der unmittelbare Kampf aber, den der Mensch wider die Unbilden einer 
feindseligen Natur und unzivilisierter Völkerstämme zu führen hat: der ist dem 
Transportwesen zugefallen; dem sorgenden Kapitän, der den Lauf seines Schiffes 
berechnet und die Tiefen der See ausmißt; dem Steuermann, der mit scharfem 
Auge die Zeichen der trügerischen Stromflut prüft; dem Matrosen, der auf 
schwankender Rae arbeitet; wie dem Ingenieur, der nach den Regeln der Wissen 
schaft Felsen zersprengt und Bergströme bändigt, um seine Eisenstraße darüber 
hinzulegen; oder dem Lokomotivführer, der seinen Zug durch den Schneesturm leitet. 
3. Das Transportwesen und der Kredit. 
Die Entwicklung des modernen Kreditwesens und jene des Transport 
wesens hängen auf das innigste zusammen. Ohne die Hilfe des Kredits wäre 
die heutige Ausdehnung des Transportwesens ebenso unmöglich als umgekehrt. 
Ja man kann behaupten, daß der Kredit für das Transportwesen noch not 
wendiger ist, als für den Handel. 
Der Kredit fördert das Transportwesen zunächst unmittelbar, indem heut 
zutage alle größeren Transportunternehmungen auf Kredit entstehen. Der Staat 
baut seine Bahnen mit Hilfe seines Kredits; Privatbahnen entstehen mit Hilfe 
von Aktien und Prioritätsanlehen; die großen Telegraphenkabel sind auf dem 
Wege der Aktienunternehmung entstanden, ebenso wie die städtischen Pferde 
bahnen oder die großen und kleinen Dampfschiffahrtskurse. Aber bis ins 
kleinste Detail des Transportwesens erstreckt sich diese Wirkung des Kredits; 
denn nur der Kredit, den der Frachtführer, der Schiffer, den Boten und Trans 
portunternehmer aller Art genießen, veranlaßt den Transportaufgeber, ihnen 
seine Sendungen anzuvertrauen. Es läßt sich nicht schildern, wie machtvoll der 
Kredit im ganzen Transportwesen wirkt. Wir würden keinem Kofferträger
	        
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