X. Handelspolitik und Handelspflege.
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Die Geschichte des Welthandels zeigt in Bezug auf die Handelspolitik einen
fast ununterbrochenen Fortschritt vom beschränkten und obrigkeitlich bevormun
deten Handel zur Handelsfreiheit. Es läßt sich auch leicht begreifen, weßhalb
auf nieorigen Kulturstufen der Handel mannigfachen Beschränkungen unterworfen
war. Wenn einem Lande, welches sich in den Anfängen gewerblicher Entwick
lung befindet, der Handel Waren herbeibringt, die im Inlande gar nicht pro
duziert werden, so betrachtet man ihn wohl gerne als wohlthätig und wünscht
seine Zunahme. Bringt er dagegen zu wohlfeilen Preisen Waren, welche im
Inlande mit großen Kosten hergestellt werden: dann fühlt sich begreiflicherweise
das inländische Gewerbe bedroht und in seiner Erwerbsgelegenheit beschränkt;
seine Klagen und Befürchtungen veranlassen die Staatsregierung eine derartige
gefährliche Konkurrenz hergefahrener Fremdlinge abzuwehren und die fremden
Waren zu verbieten oder ihre Einfuhr durch Zölle zu bestrafen.
Andere Beschränkungen der Handelsfreiheit erwuchsen in dem Zunftwesen.
Wie das Handwerk, so war auch der Handelsbetrieb, der ja so vielfach mit dem
Handwerk verknüpft war, Jahrhunderte lang durch das Zunftwesen in gewisse
Grenzen gewiesen. Das gilt namentlich vom Kleinhandel; im Gebiete des Groß
handels dagegen schuf der Monopolgeist andere Arten von Beschränkungen (s.
unten „Handelsmonopole")
Mit der zunehmenden Arbeitsteilung aber, mit der fortschreitenden wirt
schaftlichen Aufklärung und mit der notwendig immer innigeren Berührung der
Kulturvölker wurden dieselben immer mehr zur Befreiung des Handels von allen
mittelalterlichen Beschränkungen hingedrängt. Die Beseitigung der zünftigen
Beschränkungen war nicht schwer, viel leichter, als im eigentlichen Handwerk:
schwieriger die Beseitigung jener Hindernisse, welche in den Schutz- und Finanz
zöllen liegen und noch keineswegs in nächster Zeit überwunden werden können.
Die Ansprüche der handeltreibenden Bevölkerung an die Staatsregierung
richten sich auch heute noch viel weniger auf direkte Begünstigung, als vielmehr
auf möglichste Freiheit des Geschäfts. Die wichtigste Aufgabe der modernen
Staaten in Bezug auf den Handel lag in der Neugestaltung des Handelsrechts,
welche sich im Laufe des jetzigen Jahrhunderts vollzog. Die Prinzipien, auf
welchen das Handelsrecht der heutigen Welthandelsstaaten beruht, sind hier nicht
zu erörtern, ebensowenig die Einzelnheiten der Gesetzgebung.
Von eigentlichen Gegenständen der Handelspolitik mögen folgende hier
Erwähnung finden:
1. Handelsmonopole.
Handelsmonopole für einzelne Handelszweige sind heutzutage als etwas
durchaus Verwerfliches erkannt. Es bezieht sich das namentlich auf die Handels
monopole, die an große Handelsgesellschaften verliehen werden, und durch welche
die Waren verteuert, häufig auch verschlechtert worden sind. Seit der 1602
gegründeten holländisch-ostindischen Kompanie sind eine Reihe von großen
Handelskompanien für den überseeischen Handel gegründet und mit ausschließ
lichen Vorrechten ausgestattet worden. Es waren dies ebensoviele politische
Mißgriffe. Dies zeigte sich am deutlichsten bei der britisch-ostindischen Kompanie.
Man muß sich hüten, solchen Gesellschaften Vorteile einzuräumen, die es den
einzelnen Kaufleuten erschweren oder unmöglich machen, mit den Gesellschaften
zu konkurrieren. Wenn die Vorteile, welche eine Gesellschaft an sich schon gegen
über der einzelnen Unternehmung bietet, noch nicht hinreichen, um der Gesell
schaft Kapitalien und Teilnehmer zu verschaffen, dann ist eben das Unternehmen
überhaupt nicht lebensfähig. Der Besitz des ausschließlichen Vorrechtes ist dann
ein Schaden für die außerhalb der Gesellschaft Stehenden und für die Gesell
schaft selbst, welche häufig dadurch an Eifer und Sparsamkeit einbüßt.