Allgemeine Handelslehre.
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maßgebend sind: das Lebensalter des zu Versichernden, seine Gesundheit, die
Verwaltungskosten und Geschäftsspesen, die Höhe des Zinsfußes, zu welchem die
eingezahlten Prämien angelegt werden können. Bezüglich der Geschäftsspesen
verursachen die schwierigste Frage die hohen Abschlußprovisionen der Agenten,
welche wieder veranlaßt sind durch die Konkurrenz und durch das Bestreben
nach möglichster Geschäftsausdehnung. Sehr wichtig für einen soliden Betrieb
ist auch die richtige Berechnung und Verwendung der sog. Prämienreserve;
ferner eine möglichst solide Anlage aller Fonds.
Hagelversicherung. Die Hagelversicherung hat einzelne wesentliche Unter
schiede gegenüber der Feuerversicherung. Charakteristisch ist dabei namentlich
daß menschliche Einflüsse auf die Herbeiführung der Beschädigung undenkbar
sind. Diese Versicherung bietet übrigens mehr Schwierigkeiten als jede andere.
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Jhre Gegenstände sind sowohl Halmfrüchte als auch andere Feldfrüchte und
selbst Handelspflanzen, Wein und Obst. Die verschiedenen Hagelversicherungs
anstalten stimmen in Bezug auf die Gegenstände, die sie zur Versicherung an
nehmen, nicht entfernt überein. In der Regel ist ein gewisses Minimum von
Schaden von der Versicherung ausgeschlossen. In den Versicherungen sind aber
sämtliche wirtschaftlich nutzbaren Teile der Bodenerzeugnisse mit inbegriffen.
Die Hauptschwierigkeit der Hagelversicherung liegt darin, daß die verschiedenen
Landesteile von Hagelschlägen in sehr verschiedenem Grade heimgesucht sind.
In Deutschland sind namentlich einzelne süddeutsche Bezirke außerordentlich stark
und häufig heimgesucht gegenüber der norddeutschen Tiefebene. Es kommt aber
nicht nur darauf an, wie oft ein Bezirk oder ein Feld vom Hagel heimgesucht
wird, sondern auch auf die Jahreszeit. Treten z. B. die Hagelschläge regel
mäßig längere Zeit vor der Ernte ein, so können sich die Felder wieder erholen.
Die Gesellschaften vergüten keinen größeren Ertrag, als denjenigen, der, wenn
kein Hagelschlag stattgefunden hätte, bezahlt worden wäre. Für die Berechnung
des Wertes des Ertrages wird der in den Policen angenommene Preissatz ver
wendet. Den Zeitpunkt für die Abschätzung des Schadens bestimmen die Ge
sellschaften; vernünftig ist es, diesen Zeitpunkt bald nach dem wirklich einge
tretenen Schaden festzusetzen, damit der Schaden möglichst genau bestimmt
werden könne. Die Herbeiziehung von Sachverständigen ist zur Schadenfest
setzung unumgänglich notwendig. Die Sachverständigen schätzen dabei: der wie
vielte Teil des Grundstückes vom Hagel betroffen wurde, welchen Ertrag die
versicherten Bodenprodukte nach erlangter Reife geliefert haben würden, und der
wievielte Teil dieses Ertrages durch den Hagelschlag verloren ging. Die Kosten
der Besichtigung und Abschätzung werden von den Gesellschaften bestritten, welche
dagegen bei jedem ersatzfähigen Schaden gewisse Prozente (5) von der Ent
schädigungssumme abziehen.
Viehversicherung. Die Versicherung des Viehstandes geschieht entweder
gegen Seuchen oder gegen einzelne Unglücksfälle. Da zu einer kleinen Ver
sicherungsprämie auch die Mittel des Kleingrundbesitzers hinreichen, so sind die
Anstalten, welche dem Landwirt gegen eine geringe Prämienzahlung Verluste
an seinen Haustieren ersetzen, von großem Nutzen, insbesondere für die Klein
wirte, deren ganzes Betriebskapital oft in ihren Haustieren besteht. Für die
Viehversicherung eignen sich besonders kleine, örtliche Vereine, welche von den
Gemeindebehörden entweder gegründet und geleitet, oder unterstützt werden. Diese
Versicherungsanstalten reichen geschichtlich nur in das vorige Jahrhundert, wo
sie 1765 zuerst in Schlesien auftraten. Als Aktiengesellschaften entstanden sie
erst im laufenden Jahrhundert.
Die Versicherung erstreckt sich bei diesen Anstalten in der Regel bloß auf
die größeren Tiergattungen, einschließlich der Schweine und Ziegen. Die Ver
luste an Vieh jeder Gattung werden nur zu drei Vierteilen des bei der Ver¬