Full text: Handbuch der gesamten Handelswissenschaften für ältere und jüngere Kaufleute, sowie für Fabrikanten, Gewerbetreibende, Verkehrsbeamte, Anwälte und Richter (1)

40 III. Die neuere Zeit vom Zeitalter der Entdeckungen bis zur franz. Revolution. 
finden. Die Ansiedler selbst waren nicht im stande, das reiche Land auszu 
beuten. Nach dem englisch-französischen Krieg um Kanada ging die Hälfte von 
Louisiana an England (1763), die westliche Hälfte an Spanien über (1764). 
Damit endete der Besitzstand Frankreichs auf dem nordamerikanischen Kontinent. 
Besser gings in Westindien, wo sich die Franzosen zuerst mit den Eng 
ländern in St. Christoph (1625) niederließen und dann Guadeloupe und Mar 
tinique besetzten (1635). Französische Abenteurer, die Bukkaniere und Flibustier, 
faßten Fuß auf Hayti; sie wurden verstärkt durch die von den Spaniern aus 
St. Christoph vertriebenen Kolonisten und hielten sich auf Tortuga und St. 
Domingo gegen die Spanier. Handelsprivilegien, namentlich das Tabaksmonopol 
der Staatsregierung, schadeten dem wirtschaftlichen Aufschwung der westindischen 
Kolonien. Trotzdem hob sich in St. Domingo die Zuckerproduktion (seit 1717) 
und die Kaffeekultur (seit 1736); Martinique war zeitweise Handelszentrum 
für Westindien. In Südamerika hatten die Franzosen 1604 Cayenne zu 
kolonisieren begonnen; aber die Versuche kosteten viel Geld und Menschen und 
hatten wenig Erfolg; doch behielt Frankreich die Kolonie. An der afrika 
nischen Westküste, wo schon gegen Ende des 14. Jahrhunderts nordfranzösische 
Schiffe Handelsverbindungen angeknüpft haben sollen, wurde, nachdem 1621 
eine afrikanische Handelsgesellschaft gegründet worden, Handel mit Sklaven, 
Gummi und Gold getrieben (1679). In Kriegen mit Holländern und Eng 
ländern konnten sich die Franzosen am Senegal behaupten, am Gambia aber 
nicht. Kolonisierungsversuche auf Madagaskar wurden von den kriegerischen 
Eingeborenen vernichtet; die Kolonisten retteten sich nach der Insel Bourbon, 
welche nebst Isle de France (Mauritius) zur blühendsten Kolonie Frankreichs 
ward. Minder glücklich war man in Siam und auf Ceylon; dagegen hätte 
Frankreich um die Mitte des 18. Jahrhunderts mit Hilfe genialer und that 
kräftiger Männer wie Bourdonnais und Dupleix nahezu Indien gewonnen, 
wurde jedoch von den Engländern verdrängt und konnte nur Pondichery und 
Tschandernagor sich retten. 
Während so Frankreich in den andern Weltteilen gegenüber der britischen 
Macht den Boden verlor, litt der auswärtige Handel, welcher unter Ludwig XIV. 
ein sehr bedeutender gewesen war, gegen Ende des 18. Jahrhunderts unter den 
Kriegen. Die Staatsschuld vermehrte sich zur drückenden Last, während die 
innere Betriebsamkeit wenig Fortschritte machte und der Zunftgeist engherziger 
schaltete als je zuvor. Nur einzelne Industriezweige rangen sich trotz aller 
Schwierigkeiten zu immer größerer Vervollkommnung durch: Seiden=, Tuch 
und Leinwandfabrikation, Glasindustrie 2c. Vorteilhaft war noch der Handel 
mit Spanien, der Schweiz, Italien und der Levante. Nach dem Nordosten 
Europas, namentlich nach Schweden, gingen Kolonialwaren, Wein 2c., nach 
Deutschland Luxusartikel. Ackerbau und Viehzucht machten keine wesentlichen 
Fortschritte; die Steuerlast drückte den Bauer, der Absolutismus den Städte 
bürger, während Hof und Adel schwelgten. Vergeblich versuchte der geistvolle 
Turgot durch wirtschaftliche Reformen die Zustände Frankreichs zu verbessern. 
Was ihm nicht gelang, bewirkte viel gewaltiger der Sturm der Revolution. 
England hatte im Mittelalter fast nur Wolle ausgeführt; die englische 
Industrie hatte Woll= und Leinenwaren und Metallwaren erzeugt, sowie Stein 
kohlen zu Newcastle (Mitte des 14. Jahrhunderts) ausgebeutet. Die Eng 
länder waren im Handel des Mittelalters passiv; sie überließen denselben den 
Hanseaten, Niederländern u. a. Erst um die Mitte des 15. Jahrhunderts 
fingen englische Kaufleute (adventurers) an, mit den Hanseaten zu rivalisieren. 
Erreichterung des Grunderwerbs und Beschränkung der Frondienste ließen seit 
jener Zeit die Landwirtschaft, ein Prohibitivsystem die Industrie Englands auf 
blühen. Die Schiffahrt blieb noch unbedeutend bis zur Regierung der Königin
	        
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