Full text: Handbuch der gesamten Handelswissenschaften für ältere und jüngere Kaufleute, sowie für Fabrikanten, Gewerbetreibende, Verkehrsbeamte, Anwälte und Richter (1)

38 III. Die neuere Zeit vom Zeitalter der Entdeckungen bis zur franz. Revolution. 
zu kräftiger Entfaltung und versandte bald eine Reihe von Erzeugnissen nach 
Frankreich und Deutschland; Ostende und Brüssel wurden lebhafte Handelsplätze. 
Frankreich. Während der Periode der Entdeckungen war Frankreich mit 
seinen inneren Interessen beschäftigt und in wirtschaftlicher Beziehung zurück 
geblieben. Einige Produkte gingen allerdings ins Ausland, namentlich Wein, 
Früchte, Waid, Salz; aus dem Auslande bezog Frankreich wenig, hauptsächlich 
über Antwerpen. Einige Könige unterstützten den industriellen Fortschritt; die 
Berührung mit den Italienern ließ den Sinn für Kunst und Kunstgewerbe ent 
stehen. Franz I. förderte die Einbürgerung der Seidenindustrie (1521). Zum 
Seehandel und zur Kolonisierung zeigten die Franzosen kein Talent. Der wich 
tigste Teil ihres auswärtigen Handels ging über Marseille nach der Levante. 
Im inneren Handel waren die Märkte von Lyon wichtig. In der zweiten Hälfte 
des 16. Jahrhunderts wurde Frankreich durch Religionskriege und Bürgerkriege 
in seinem Wohlstand zurückgebracht, namentlich der Kaufmannsstand, welcher 
viele Anhänger des Protestantismus zählte, litt durch die Verfolgung des letz 
teren; zahllose fleißige Arbeiter, welche man aus dem Lande vertrieben hatte, 
fanden in England und in den Niederlanden bereitwillige Aufnahme. Unver 
ständige politische Einrichtungen, namentlich Staatsmonopole, schädigten die Volks 
wirtschaft aufs schwerste; die landwirtschaftliche und industrielle Produktion ging 
zurück; der Verkehr war unsicher; der Seehandel hörte ganz auf. Erst unter 
Heinrich IV. (1589—1610) und dessen großem Minister Sully trat einige Bes 
serung der wirtschaftlichen Verhältnisse ein. Jetzt wurden Bürger und Bauer 
unterstützt; die Besteuerung wurde geregelt, die Finanzen geordnet, die Ver 
waltung der Staatsforsten und der Bergwerke verbessert, die Seidenkultur, frei 
lich im Widerspruch mit Sully, vom König unterstützt; Landstraßen, Brücken 
und Kanäle wurden gebaut und verbessert, das Münzwesen reformiert. Eine 
der wichtigsten Handlungen Heinrichs war das berühmte Edikt von Nantes (1598) 
durch welches den Reformierten volle Religionsfreiheit gewährt wurde. Mit der 
Ermordung Heinrichs (1610) nahm diese kurze Blüte ein Ende. Die folgenden 
Regierungen hatten andere Interessen und vernachlässigten die Volkswirtschaft. 
Richelieu und Mazarin arbeiteten im Interesse des königlichen Absolutismus. 
Der Verkehr wurde durch lästige Zölle gehindert, das Volk durch willkürliche 
Steuern und durch das System der Generalpächter bedrückt. Versuche zur 
Gründung von großen Handelskompanien waren nicht besonders glücklich; doch 
faßten die Franzosen unter Richelieu an manchen Punkten jenseits des Ozeans 
festen Fuß. 
Eine entschiedene Besserung trat nach dem Tode Mazarins mit Colbert 
ein, seit 1661. In ihm fand Frankreich einen Mann von Scharfblick und Red 
lichkeit, welcher 22 Jahre lang die wirtschaftlichen Verhältnisse des Landes ver 
besserte. Er regulierte die Steuern, ermäßigte dieselben teilweise, beendete die 
Mißbräuche der Generalpachtung, unterstützte und beförderte die Zweige der 
wirtschaftlichen Thätigkeit nach den Grundsätzen des Merkantilsystems. Um 
die einheimische Industrie zu schützen, belastete er die holländischen und britischen 
Waren mit hohen Zöllen, zog fremde Arbeiter ins Land, erteilte an Industrielle 
Prämien und Vorschüsse, sowie Privilegien, gründete auch selbst Staatsunter 
nehmungen. Manche Industriezweige: Glasfabrikation, Teppichfabrikation, Por 
zellan= und Seidenfabrikation u. a. nahmen glänzenden Aufschwung. Die Privat 
industrie wurde in lästiger Weise durch zahllose Vorschriften bevormundet. Der 
Landbau wurde zwar durch Regulierung der Steuern einerseits gefördert, ander 
seits durch eine verfehlte Gesetzgebung über Getreideausfuhr sehr geschädigt. Die 
Kriegsmarine wurde vermehrt, der inländische Schiffbau angeregt, die Seehäfen und 
Seegesetzgebung verbessert. Um für die französische Industrie neue Absatzmärkte zu 
gewinnen, wurden Handelsverträge geschlossen und Handelsgesellschaften gegründet.
	        
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