Allgemeine Handelslehre.
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zelnen Punkten des Landes in großen Zwischenräumen verbreitet fanden und so
lange der Verkehr der Bevölkerung wenig entwickelt und durch zahllose Schwierig
keiten gehindert war: so lange mußte der Absatz und die Befriedigung des Be
darfs mangelhaft sein, weil sich beide nicht finden konnten. Das Warenangebot
war keineswegs überall im stande, die Nachfrage aufzusuchen, weil in den Zeiten,
wo sich die Jahrmärkte ausbildeten, die Verkehrswege unsicher waren und die
Handelsware zahllosen Gefahren ausgesetzt war. Aber selbst in rohen Zeiten
und unkultivierten Ländern gab es und gibt es heute noch manche Orte und
Zeitpunkte, wo entweder unter dem Schutze der Religion oder unter politischem
Schutze ein zwar vorübergehender, aber wohlgeschützter Friede auch den Handel
und Verkehr begünstigte. Solche Marktstätten konnten sich an jenen Plätzen
ausbilden, wo größere religiöse Feierlichkeiten eine zahlreiche Volksmenge zu
gewissen Zeiten versammeln. So bildete sich an Wallfahrtsorten u. dergl. die
Gewohnheit aus, mit religiösen Diensten und Gebräuchen auch den Handel zu
verbinden. Die Käufer wissen, daß sie in gewissen Zeiten an dem Marktplatze
eine große Auswahl von Waren finden, die Verkäufer wissen, daß sie Absatz
finden, und die betreffenden Marktplätze mußten in ihrem eigenen wohlverstande
nen Interesse diese Interessen der Käufer und Verkäufer in jeder Weise berück
sichtigen. Die politische Obrigkeit mußte bei einiger Einsicht dieses geschichtlich
gegebene Verhältnis würdigen und auszubilden suchen und nach und nach wurde
auch für andere bestimmte Orte und Tage ein Marktfrieden verkündigt; nach
und nach wurde es eine allgemeine Einrichtung, daß in Städten und größeren
Dörfern jährlich zu gewissen Zeitpunkten Märkte abgehalten wurden.
Wenn nun auch die Ausbildung des heutigen Verkehrs und Handels solche
Jahrmärkte als überflüssig erscheinen läßt, sind sie doch durch die Gewohnheit
Es sind verschiedene
noch lange über ihre Zeit hinaus erhalten geblieben.
Gründe, welche dieses Fortleben der Jahrmärkte auch in der Gegenwart noch
begreiflich erscheinen lassen: einesteils die Gewohnheit der Landbevölkerung, welche
von der reichen Auswahl und der zwar mittelmäßigen, wenn nicht schlechten
Ware bei scheinbar wohlfeilem Preise angezogen wird; auch die im Laufe der
Zeit herangezogenen Interessen mancher Städtebürger und dergleichen.
Die Wichtigkeit der Jahrmärkte ist abgestuft teils nach der Größe derjenigen
Orte, wo sie stattfinden und welche den nächsten Absatzkreis der Fieranten dar
stellen, teils auch nach der größeren oder geringeren Entfernung, aus welcher
sich Verkäufer und Käufer zusammenfinden müssen. Je kleiner diese Entfernungen
sind, um so mehr finden sich Konsumenten und Produzenten zu dem Geschäfte ein.
Wie die Wochenmärkte sind auch die Jahrmärkte durch die Verbesserung der
Verkehrsmittel zu einem guten Teile überflüssig geworden. Die persönliche Anwesen
heit der Verkäufer an der Verkaufsstelle wird immer weniger wichtig und ebenso
brauchen auch die Einkäufe nicht mehr so zusammengedrängt zu werden wie ehedem.
Für kleinere Orte wird aber das Marktwesen immer noch eine gewisse Wich
tigkeit behalten. Schon deshalb, weil an kleineren Orten eine bedeutende Aus
bildung des Handels, eine lebhafte Konkurrenz, reichhaltige Warenlager nicht
möglich sind. An solchen Orten erlaubt die unbedeutende Nachfrage nicht, für
die selteneren Einkäufe große Warenlager zu halten; wohl aber kann der Be
darf eines ganzen Jahres, wenn man ihn zusammendrängt, ein paar Tage lang
ein lebhafteres Geschäft erzeugen.
Spezialmärkte. Für manche Waren sind Spezialmärkte nicht ohne Be
deutung, nämlich dann, wenn es sich um eine periodische Produktion oder um
rfnisse handelt. Der letztere Fall ist z. B. gegeben bei den an
periodische Bedi
manchen Orten stattfindenden Christmärkten. Der erstere Anlaß ergibt sich
häufig bei Naturprodukten, für welche deshalb je nach den Produktionsverhält
nissen der Orte und Landschaften Spezialmärkte nicht selten sind. Getreide¬