Full text: Handbuch der gesamten Handelswissenschaften für ältere und jüngere Kaufleute, sowie für Fabrikanten, Gewerbetreibende, Verkehrsbeamte, Anwälte und Richter (1)

V. Der Betrieb. 
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gilt für kleine, wie für mittlere nnd große Geschäfte. Mit Recht nennt man 
die Ausdehnung des Borgsystems, die zu geringe Rücksichtnahme auf den Ge 
winn beim Einkauf eine der schwachen Seiten unserer deutschen Industrie. 
Eine andere Form der Benützung des Betriebskredits ist dann gegeben 
wenn der Unternehmer Arbeitslöhne, für welche während der Woche, oder 
Gehalte, für welche während eines Monats gearbeitet wird, erst am Schlusse 
der Woche oder des Monats ausbezahlt. Er wird in diesem Falle, während 
die Arbeitsleistung vollbracht wird, allmählich Schuldner seiner Arbeiter und 
Geschäftsbeamten, und seine Schuld an dieselben wächst mit jeder Minute während 
der Arbeitszeit. Dieser Art von Geschäftsschuld kann selbst der solideste, durch 
aus dem Grundsatze der Barwirtschaft huldigende Unternehmer nicht entgehen. 
Eine gleichfalls sehr häufige Art von Betriebsschulden ist die Miete für 
Geschäftslokale, seien sie nun Werkstätten, ganze Häuser oder Verkaufsläden. 
Der bezügliche Hausbesitzer gewährt hierbei dem industriellen Mieter einen Be 
triebskredit; die Schuld ist eine von Periode zu Periode sich erneuende, welche 
fortwährend zu den laufenden Kosten gerechnet und aus den Betriebserträgnissen 
bezahlt werden muß. Betriebsschulden sind auch die Forderungen von Trans 
portanten an den Unternehmer für die Verfrachtung der von ihm bezogenen 
Rohstoffe und versendeten Waren. Ähnlichen Charakter haben gewährte Zoll 
kredite, ausständige Steuerforderungen des Staates. 
Vom Betriebskredit gilt die Regel, daß wer keinen Kredit zu geben braucht, 
auch keinen zu nehmen habe. Wer für seine Produkte den richtig berechneten 
Preis bar bekommt, muß auch im stande sein, Roh- und Hilfsstoffe ec. bar 
zu bezahlen. 
6. Der Absatz. 
Im allgemeinen. Absatz ist die Möglichkeit, eine Ware zu verkaufen; man 
denkt dabei an regelmäßige Käufer und regelmäßigen Verkauf, sei es auf Be 
stellung oder marktmäßig. Man hofft auf Absatz, d. h. man erwartet Käufer 
zu finden, man hat Absatz, d. h. man hat bereits eine Zeitlang für eine 
Ware regelmäßige Käufer gefunden. 
Der Absatz ist von höchster Wichtigkeit für den einzelnen Produzenten. 
Der Produzent arbeitet ja nur für den Absatz; er will raschen, reichlichen, 
regelmäßigen und guten Absatz. 
1. Der Absatz soll ein rascher sein. Denn dadurch wird der Produzent 
zur energischen Thätigkeit gespornt; er erzielt um so größeren Gewinn, je 
rascher der Absatz ist, weil er dann um so schneller die in die Produktion ge 
wendeten Kapitalien zurückerhält und neue Kapitalverwendungen machen kann. 
Bei raschem Absatze ist es auch viel leichter möglich, gute Ware dem Publikum 
zu bieten; die Produktion kann sich dabei leichter an die Mode anschmiegen und 
technische Fortschritte aneignen; es bleibt keine alte verlegene Ware, die später zu 
Schleuderpreisen abgegeben werden muß, wenn sie nicht etwa gar völlig verdirbt. 
2. Regelmäßigkeit des Absatzes ist für den Industriellen höchst erwünscht 
und günstig, um seine Anlage- und Betriebskapitalien gehörig ausnützen zu 
können. Unregelmäßiger Absatz zieht auch einen unregelmäßigen Geschäftsgang 
nach sich; Unternehmer, Arbeiter und Kapital werden dabei bald zu übermäßiger 
Anstrengung veranlaßt, bald zur Unthätigkeit verurteilt. Steigt der Absatz plötz 
lich, so muß rasch und hastig gearbeitet werden, neue — oft nicht gehörig ein 
geschulte — Arbeiter beigezogen, neue — oft nicht die besten — Rohstoffe 
gekauft werden, um sie nur überhaupt zu bekommen. Sinkt dagegen der Absatz 
bedeutend und rasch, so müssen wieder entsprechende Reduktionen im Betrieb 
eintreten; dann sind wieder die Gebäude und Maschinen zu großartig, die Arbeiter 
zu zahlreich, Rohstoffe in gewaltigen Vorräten da. Will der Unternehmer dieses
	        
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