Handelsgeographie. Australien.
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Weit bedeutender als der Ackerbau ist die Viehzucht. Der Viehbestand ist in
enormer Vermehrung begriffen und namentlich die australische Wolle einer der
wichtigsten Gegenstände des Welthandels geworden; aber auch Hornvieh und
Pferde vermehren sich. Australien ist ferner eines der an Edelmetallen
reichsten Länder; seit 1861 das erste Gold gefunden wurde, ist es in kurzer
Zeit ein Goldland ersten Ranges geworden. Außer dem Golde liefert es auch
Kohlen, Kupfer, Eisen, Silber, Zinn in bedeutender Menge; Antimon, Edel
steine und anderes. Die Industrie ist in lebhaftem Aufschwunge begriffen
und wird an einzelnen Plätzen vollständig nach europäischem Muster betrieben.
Handel. Derselbe exportiert Wolle, Häute, Felle, Talg, Fleisch; an Me
tallen hauptsächlich Gold und Kupfer. Die Gesamteinfuhr sämtlicher Kolonien
des Festlandes einschließlich Tasmaniens und Neu-Seelands beträgt 45, die Ge
samtausfuhr 48 Mill. Pfd. Sterl.
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Da die durstige Gliederung der Küste der Seeschiffahrt nicht hinreichenden
Einfluß auf den Verkehr des Kontinentes gewährt und die binnenländischen
Wasserwege unbrauchbar sind, indem nur der größte Strom Australiens, der
Murray, bei günstigem Wasserstande mit Dampfern befahren werden kann,
so ist der Eisenbahnverkehr um so wichtiger. Die Eisenbahnen finden auch
sonst günstige Bedingungen in Australien: flaches Terrain, hinreichendes Brenn
material. Es haben demnach auch die Kolonien rasch ihr Eisenbahnnetz ent
wickelt. Die einzelnen Linien siehe bei den einzelnen Kolonien. Telegraphische
Verbindung des Kontinents mit der übrigen Welt besteht mittels eines unter
seeischen Telegraphen nach Java. Regelmäßige Dampferlinien führen nach
England und über Neu=Seeland nach Nordamerika.
Die Einwanderung nach Australien hat erst seit den Goldfunden lebhaft
zugenommen, neuerdings wieder nachgelassen. Seit einiger Zeit strömt eine
große Zahl von chinesischen Einwanderern zu.
Münze, Maß und Gewicht sind die englischen.
Die einzelnen Kolonien und ihre wichtigsten Handelsplätze sind:
Neu=Südwales, 800 730 gkm und 921 268 Einw. Vordem die wichtigste Kolonie,
im Südosten des Kontinents gelegen, teilweise flach, teilweise bergig. Produziert Weizen,
Schafe, Hornvieh. Exportiert Gold und Schafwolle. Hauptverkehrsmittel sind die
Eisenbahnen, welche von Sidney landeinwärts sich verzweigen; im ganzen 2680 km in
Betrieb. Hauptplätze: Sidney, 224211 Einw., an der Südseite von Port Jack
son, mit prächtigem Hafen, vermittelt den Handel der Kolonie und hat eine lebhafte
Industrie in Eisengießereien, Schmelzhütten, Maschinenfabrikation; Leinenweberei, Wagen
bau, Tuch=, Seifenfabrikation, Bierbrauereien; große Schiffswerfte. Paramatta,
12000 Einw., ebenfalls am Port Jackson, Eisenbahnknotenpunkt; Landhandel. New
Castle, in der Nähe Kohlengruben.
Viktoria, 227 610 gkm und 961 276 Einw. Seit den Goldentdeckungen an Volks
reichtum und wirtschaftlicher Thätigkeit siegreich mit Neu-Südwales rivalisierend; nament
lich mit starker Einwanderung. Treibt Viehzucht, Goldproduktion; auch Bergbau auf
Silber, Antimon, Zinn und Kohlen; Diamantengräberei. Hauptexportartikel: Gold
und Wolle. Der Murray=Strom 8—9 Monate lang schiffbar. Die Küste hat mehrere
vortreffliche Häfen. Die Kolonie besitzt Staatseisenbahnen in der Länge von 2676 km.
Hauptplatz Melbourne, 322 690 Einw., volkreichste und wichtigste Stadt Australiens
an der Melbourne=Bai. Wichtigster Stapelplatz für australische Ausfuhrprodukte, mit
Eisenbahnen und Dampferverbindungen nach allen Richtungen; Banken und verschiedene
kaufmännische Institute. Eigentlicher Seehafen der Stadt und mit ihr durch Eisenbahn
verbunden ist Williamstown. Geelong, 20 600 Einw., Hafenstadt und Stapelplatz
für Wolle und Bodenprodukte. Ballarat, 41 000 Einw., im Mittelpunkte reicher
Goldfelder.
Süd=Australien, 983 655 gkm und 312 781 Einw. Die Kolonie besitzt in der
Hauptsache ähnliche Wirtschaftsverhältnisse wie Viktoria: Mineralien, Wolle und Weizen
sind ihre wichtigsten Ausfuhrgegenstände. Unter den Mineralien namentlich das Kupfer