Königreich Belgien.
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Königreich Belgien.
Belgien mit 29 457 qkm und einer Bevölkerung von 5 853 278 Einwohnern,
ist in Bezug auf seine geographische Weltlage unübertroffen; denn es liegt mitten
zwischen den wichtigsten Kulturstaaten der Welt und am frequentesten Teile des
Meeres. Die belgische Nordseeküste streicht als ausgeprägte Flachlandküste gerad
linig; die Bodengliederung zeigt ein allmähliches Ansteigen von Nord und West
nach Süd und Öst. An der Küste und an den Grenzen gegen die Niederlande
finden sich fruchtbare Tiefebenen, reich bewässert, weiter südlich und östlich lang
sames Anschwellen des Bodens bis zu den Plateaulandschaften der Ardennen.
Die Binnengewässer Belgiens gehören fünf Stromgebieten an, dem der Maas,
der Schelde, des Rheins, der Yser und der Seine. Unter ihnen ist das Gebiet
der Schelde für den Verkehr am wichtigsten, teils wegen der Fruchtbarkeit
seiner Uferlandschaften, teils wegen der geographischen Weltstellung und der
überaus günstigen Beschaffenheit der Scheldemündung, die bei Antwerpen zur
Flutzeit etwa 15 Meter tief und 100 Meter breit ist, so daß sie tief im Innern
des Landes einen prächtigen Seehafen bildet. Die gesamten, schiffbaren Fluß
läufe des Königreichs betragen 952 km. Dazu kommt ein reich entwickeltes
Kanalnetz von 776 km Länge. Die bedeutendsten Kanäle sind: der Maas
Schelde=Kanal; der Kanal von Charleroi nach Brüssel; jener von Gent nach Brüssel.
Die Bevölkerung von Belgien besteht aus zwei scharf unterschiedenen
Nationalitäten: Vlämen oder Flamänder, deutschen Stammes, sprechen ein ent
stelltes Deutsch-Holländisch; und die Wallonen, französischen Ursprungs, Sprache
französisch. Die Gebildeten sprechen das letztere.
Rohproduktion. Der belgische Landbau hat trotz der geringen Begünsti
gung, welche Klima und Bodenbeschaffenheit ihm erwiesen, glänzende Ausbildung
erhalten. Er beschäftigt etwa ein Vierteil der gesamten Bevölkerung
Die
Fläche des bebauten Landes ist stets zunehmend, und die Früchte werden immer
wertvoller. Außer den gewöhnlichen Getreidearten, Hackfrüchten u. dergl. werden
auch Handelspflanzen und Gemüse gebaut. Doch werden nur wenig Boden
früchte exportiert, am meisten Gerste und Mehl, während die Einfuhr für den
eigenen Konsum bedeutend und auch im Steigen ist. Im Bereiche der Vieh
zucht hat sich namentlich die Hornviehzucht sehr gehoben und blüht besonders
in den flandrischen Provinzen. Der Export an Rindern und Schafen ist steigend.
Die Waldungen sind in den letzten Jahrzehnten stetig und stark gelichtet worden.
Belgien ist reich mit nutzbaren Mineralien ausgestattet, auf deren Aus
beute die blühende Industrie erwachsen ist. Die erste Stelle unter den mine
ralischen Rohstoffen behauptet die Steinkohle. Das Land besitzt zwei Stein
kohlenbecken, die den zwanzigsten Teil der gesamten Fläche einnehmen und von
Ost nach West streichen. Diese Kohlenlager sind von ungleicher Mächtigkeit,
manchmal zwei Meter stark. Die Zahl der Minen beträgt 284. Von der ge
samten Kohlenproduktion kommt etwa ein Dritteil zur Ausfuhr, meist nach
Frankreich im Werte von 70 Mill. Frank. Von anderen nutzbaren Mineralien
sind Eisen, Blei und Kupfererze reichlich vorhanden und ihre Ausbeute im Zunehmen.
Industrie. Obenan steht die Metallverarbeitung, und hier zunächst die
großartige Hüttenindustrie mit einem Produktionswerte von jährlich ca. 130
Millionen Frank (Eisenindustrie allein mit ca. 340 Etablissements); sodann die
zahlreichen und unübertroffenen Fabriken für Maschinenbau, obenan die zu
Seraing bei Lüttich. Belgien exportiert fortwährend Maschinen. Auf gleicher
Höhe steht die Fabrikation von Metallwaren, so namentlich die Waffen
fabrikation von Lüttich und Umgebung, mit außerordentlich durchgeführter Ar
beitsteilung. Nicht ganz auf der Höhe der englischen und deutschen Konkurrenz
steht dagegen die Fabrikation von Messerwaren. Andere bedeutende Industrie¬