Vierter Abschnitt.
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und Bett beseitigt und an ihre Stelle die Auflösung des Ehe
bandes getreten. Auf Grund der neueren Auffassung über die Gründe
der beständigen Trennung von Tisch und Bett hat die Praxis die Auf
lösung des Ehebandes bei Katholiken ausgesprochen wegen Ehebruchs
Straub *. Straub, Hipp :. Hipp), wegen „fortgesetzter Beleidigungen
und Mißhandlungen unter der Voraussetzung, daß für den verletzten
Ehegatten die sittlichen Grundlagen der Ehe sich als unwiederbringlich
zerstört erweisen und ihm die Fortsetzung der innigsten Lebensge
meinschaft nicht zugemuthet werden kann" (Schäfer *. Schäfer), wegen
„gröblicher Mißhandlungen, Leib und Leben gefährdender Brutalität“
bei welcher „die gegenseitige Liebe und Achtung unter den Parteien
vollständig erloschen ist und die Vorbedingungen eines ehelichen Zu
sammenlebens unwiederbringlich verloren gegangen sind" (Schön *. Schön).
Für nichtkatholische Christen bestehen die Ehescheidungsgründe der
§ 49-53 des Ehepatents fort; da aber das Institut der beständigen
Trennung von Tisch und Bett in gleicher Weise für katholische wie für
nicht katholische Christen galt, so können seit dem erwähnten Reichsgesetz
die Ehen der Letzteren auch aus anderen Gründen aufgelöst werden,
sofern diese Gründe früher zur beständigen Trennung von Tisch und
Beit berechtigten. Vgl. U. Schäfer ¾. Schäfer.
Das frühere Recht bezüglich der zeitweiligen uneinverständ
lichen Trennung von Tisch und Bett ist durch das Reichsgesetz
nicht berührt.
Ebenso ist die einverständliche Trennung von Tisch und
Bett noch heute geltenden Rechtens. Dieselbe ist weder durch die
neueren Prozeßvorschriften noch durch das cit. Reichsgesetz beseitigt. Vgl.
E. G. C.=P.=O. § 16 Ziff. 5. Auch die Versuche, diese Scheidungsart
als gegen die guten Sitten und das Wesen der Ehe laufend für un
wirksam zu betrachten — Beschl. K.=G. Hechingen v. 23. Mai 1866
und App.=G. Arnsberg v. 31. August 1866 —, sind der positiven Vor
schrift des Ehepatents gegenüber verfehlt. Cramer a. a. O. S. 7.
Soweit kein gültiger Trennungsgrund vorliegt, haben die Ehe
gatten einen gerichtlich verfolgbaren Anspruch auf eheliches Zu
sammenleben. U.L.=G. Hechingen 20,4 1881 Baur *. Baur R
1/81; desgl. Maichle *. Maichle cit. und 21/12 1893 Graf ;. Graf,
R 2,93. Vgl. k. k. Hofdecret v. 19. Mai 1786: „Ein Ehegatte kann
den andern zu Vollziehung des Ehecontracts vor dem Richter so, wie
über jeden anderen Contract, belangen."
Das prozessuale Verfahren in Ehesachen regelte sich vor der deutschen
Civilprozeßordnung nach der pr. Verordnung über das Verfahren in
Ehesachen v. 28. Juni 1844 (G.=S. S. 184). Dieselbe ist ausdrücklich