Full text: Hodler, Adolf: ¬Das particuläre Civilrecht der Hohenzollerschen Lande

Familienrecht. 
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nur eine beständige sein. Die hohenzollerusche Praxis hat aber stets 
eine zeitweilige und eine beständige Trennung unterschieden. Val. 
Reseript der Regierung in Sigmaringen an das Obervogteiamt Het 
tingen v. 28. April 1807 i. S. Hermanutz 47/7: „Dem hochfürst 
lichen Obervogteiamt wird auf bittliches Anbringen der Anna M. Ru 
dolph daselbst aufgetragen, das Scheidungsgesuch derselben zu verhan 
deln und, falls die Scheidung entweder auf im mer oder nur auf eine 
bestimmte Zeit nothwendig erfunden wird, die Vermögensauseinan 
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dersetzung vorzunehmen. — Auch neuerdings ist die Zulässigkeit einer 
zeitweiligen Trennung wieder ausdrücklich anerkannt worden. Siehe die 
Urtheile Hipp . Hipp und Maichle „ Maichle, ferner Cramer, Rund 
schau 1889 Beilage + S. 8. 
In welchen Fällen aber die zeitweilige und in welchen die be 
ständige Trennung von Tisch und Bett zulässig sei, ist zweifelhaft. Eine 
bestimmte Praxis aus der älteren Zeit ist bei dem dürftigen Material 
an älteren Acten nicht festzustellen; man scheint aber die subsidiäre Gül 
tigkeit des canonischen Rechts in dieser Beziehung nicht bezweifelt zu 
haben. Vgl. die Urtheile Straub *. Straub, Daz ¼. Daz (bösliche 
Verlassung sei bei Katholiken kein Ehescheidungsgrund), Pfeffer : 
Pfeffer, Hipp 7. Hipp und Schuster ¼. Schuster. 
In neuerer Zeit 
gibt man dagegen die Entscheidung, wie über die Gründe der Trennung, 
so auch darüber, ob die Treunung eine zeitweilige oder eine beständige 
sein solle, dem richterlichen Ermessen anheim. Man hält dem 
gemäß die vorsätzliche Bosheit geringeren Grades für einen Grund zur 
zeitlichen, die vorsätzliche Bosheit schweren Grades dagegen für einen 
Grund zur beständigen Trennung. Der letztere Fall wird insbesondere 
dann als vorhanden angenommen, wenn aus einem der Gründe der §§ 
45, 50 ff. E=P. oder einem im Wesentlichen gleichwerthigen Grunde 
dem verletzten Ehegatten das eheliche Zusammenleben nicht mehr zuge 
muthet werden kann und die sittlichen Grundlagen der Ehe als unwieder 
bringlich zerstört erscheinen. Vgl. Cramer a. a. O. und die Urtheile 
Schäfer j. Schäfer, Dreher  Dreher, Schön ¼. Schön, Maichle; 
Maichle. 
§ 64. 
b. Das heutige Ehescheidungsrecht. 
Das Reichsgesetz vom 6. Februar 1875 bestimmt in § 77 Abs. 1: 
„Wenn nach dem bisherigen Rechte auf beständige Trennung der Ehe 
gatten von Tisch und Bett zu erkennen sein würde, ist fortan die Auf 
lösung des Bandes der Ehe auszusprechen.“ 
Hiernach ist die beständige uneinverständliche Trennung von Tisch
	        
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