Full text: Handbuch des Nieder-Oesterreichischen Lehenrechtes (Theil 1)

395 
In Nieder=Oesterreich bestand in den frühern Zeiten 
das nähmliche Verhältniß, wie in ganz Deutschland; das 
Manngericht war allgemein in der Uebung, und wurde auf 
die Streitigkeiten in Lehensachen ausgedehnt. Die Lehenher 
ren besaßen die Lehengerichtsbarkeit in Streitsachen. Die Ap 
pellation ging unmittelbar an den Kaiser, weil Oesterreich 
ein Reichsland, eine Provinz des Deutschen Reiches im 
strengsten Verstande war. Als aber dem Herzoge die Landes 
hoheit und das Privilegium de non evocando vom Kaiser 
Fridrich I. im Jahre 1166 ertheilt wurde, mußten selbst. 
die auswärtigen Lehenherren, welche in Oesterreich Activ 
Lehen hatten, in Streitsachen die Appellation an den Her 
zog oder die von ihm bestellte Behörde zulassen. Jnzwischen 
übten sie die Lehengerichtsbarkeit in der ersten Instanz in 
streitigen und nicht streitigen Sachen vollkommen aus, und 
behielten bis zum Anfange des vorletzten Jahrhundertes 
größten Theils die alte Form bey, wovon sich mehrere Bey 
spiele in dem vorhin Passauischen Lehen-Archive vorfinden k). 
Gegenwärtig besitzen die Lehenherren noch hier zu Lande 
diese Gerichtsbarkeit in Lehensachen. Das Jurisdictions 
Normale vom 23. September 1783 sagt ausdrücklich: „Wenn 
„die Sache ein Lehen angeht, welches nicht landesfürstlich 
„ist, und daher nicht zur Vertretung des Fiscal=Amtes, und 
„folglich nicht unter die Gerichtsbarkeit des Landrechtes ge 
„hört, soll dasselbe bey der Lehenstube desjenigen Lehenherrn 
„behandelt werden, dessen Herrlichkeit das Lehen unterwor 
„fen ist." Nur für den Fall, daß ein Privat=Leheuherr in 
f) Der Oesterreichische Lehen=Tractat bestimmt Tit. 196. inhnerendo 
dem Herkommen, „daß wenn die Vasallen stößig würden, der 
„Stritt vor dem Lehenherrn, er mag geistlich oder weltlich seyn 
„ausgetragen werden solle." Auch bestehen mehrere ältere Verord 
nungen, wodurch den Lehenherren streng befohlen wurde, „den 
Vasallen die justitiam zu administriren." (Siehe §. 93. von den 
Verbindlichkeiten der Lehenherren.)
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer