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welche der Vasall das Lehen weder gehörig besitzen und be
nützen kann, noch in seinem Besitze hinlänglich gesichert seyn
würde, verbunden.
Unter der Schutztreue (fidelitas protectionis) werden
jene Pflichten des Lehenherrn verstanden, welche derselbe ver
möge des Lehenbandes gegen den Vasallen zu erfüllen schul
dig ist. Das gemeine Lehenrecht bestimmt (II. feud. 6. in
fine), daß die in dem vorhergehenden Paragraphe angeführ
ten Pflichten der Lehenleute aus der Lehentreue von dem Le
henherrn erwiedert werden sollen (Dominus quoque in his
omnibus vicem fideli suo reddere debet. Confer II. feud.
33. §. 1.); wie dann auch der Lehenherr in die Felonie ver
fallen kann. (II. feud. 47.
Es ist also der Lehenherr verbunden, dem Vasallen nicht
nur an Leib, Ehre und Gut nicht zu schaden, sondern des
selben Bestes durch Rath und That zu befördern, vorzüg
lich aber ihn in dem Genusse und Besitze des verliehenen
Lebens zu schützen. Vormahls war dieser Schutz zur Erhäl
tung der Sicherheit des Eigenthums von großer Wichtigkeit,
und veranläßte besonders in den Zeiten des allgemein ein
geführten Faustrechtes, oder der Privat=Kriege, den Ursprung
vieler Lehen, indem eigenthümliche Güter den Mächtigeren
zu Lehen aufgetragen wurden, um dadurch ihre Vertretung
und Hülfe zu erlangen, somit die eigene Sache zu einer ge
meinschaftlichen zu machen a).
Da nunmehr dieses traurige Verhältniß aufgehört hat,
und die Sicherheit der Personen und des Eigenthums von
Seite des Staates dergestalt verschafft wird, daß kein Pri
a) Jn Nieder=Oesterreich finden sich wenig Spuren von aufgetrage
nen Lehen. Die Entstehung der zahlreichen Lehen in diesem Lan
de hat seinen Grund vorzüglich in dem Umstande, daß dasselbe
eine Gränzmark war, welche gegen die Verpflichtung der Ver
theidigung der Gränzen schon ursprünglich in Militär=Beneficien
oder Lehen zerstücket wurde. Vergleiche die Einleitung §. 6., dann
im zweyten Abschnitte den §. 51.