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4. Gebühret dem Lehenherrn das Recht, die Able
gung der Lehenpflicht in der durch die Gesetze
bestimmten Zeit zu fordern, und, falls der Basall
darin lässig wäre, ihn des Lehens verlustig zu erklä
ren. (II. feud. 24. §. 1. 52. §. 3. et 55. proem. in fine.)
Die Nieder=Oesterreichischen Lehenherren haben dieses Recht
von je her mit der in den Lehenrechts-Normen gegrün
deten Beschränkung, daß die Fälligkeit rechtlich erwiesen
seyn muß, ausgeübt, und es wird in Oesterreich ob und
unter der Enns als ein consolidirter Landesge
brauch, als ein Axioma angenommen, daß die Vasal
len wegen zu gehöriger Zeit unterlassenen Lehenersuchung das
Lehen verwirken, und der Lehenherr solches einziehen könne.
Oesterreichischer Lehen=Tractat Tit. 111. Ober=Oesterreichi
sche Landtafel Th. 6. Tit. 45. Suttingers Consuetud. austr.
Rubr. Lehenersuchung S. 452. Finsterwalter Libr. IV. Ob
serv. 75 et 76 per tot.; dann vergleiche man die vielen, in
dem landesfürstlichen Lehen-Archive befindlichen Verhandlun
gen, als: in causa des Stiftes Schlierbach vom Jahre
1730, worüber sohin dem Stifte das Lehen weggenommen
wurde; in causa des Grafen von Breuner vom Jahre 1731.
der in poenam die Lehengnade verlor u. s. w.; doch siehe
den fünften Abschnitt von der Lehenverwirkung, woselbst aus
führlicher davon gehandelt werden wird.
Hälfte des achtzehnten Jahrhundertes, zu welcher Zeit der Lehen
dienst nicht mehr geleistet wurde, finden sich häufige Klagen, daß
die Vasallen die Ehrerbiethung vergessen, und die letzten Ueber
bleibsel ihrer Dienstpflichtigkeit, wofür sie doch den größten Theil
ihrer Güter besitzen, zu unterdrücken suchen.
Aus diesem Grunde hat man die Fälligkeit (Felonie) wegen
unterlassener Ansuchung der Belehnungserneuerung binnen dem
durch die Gesetze bestimmten Zeitraume so streng angesehen, und
in den dießfälligen Motivirungen die Vernachlässigung der Ach
tungsbezeigung hoch angerechnet. Die vorkommenden Ausdrücke
überzeugen uns, daß man bey den Urtheilsfällungen darauf Rück
sicht genommen hat.