193
§. 61. Amts= und Ambachtslehen.
Ist ein bestimmtes Amt selbst an und für sich der un
mittelbare Gegenstand der Belehnung, so nennet man das
Lehen Amts- oder Saßlehen (feudum officii). Wenn
aber eine Sache mit der damit verknüpften Verbindlichkeit,
ein öffentliches Amt zu versehen, verliehen wird, so heißt
sohin das Lehen ein Ambachtslehen (feudum quastal
diae); z. B. es wird jemanden ein Gut mit der Verpflich
tung, das Schöpfen- oder Pfleggericht zu halten, zu Lehen
gegeben a).
Der Ursprung dieser Gattung von Lehen ist in der al
ten Verfassung zu suchen, wornach wegen Mangel an Gele
die Civil-Aemter, so wie die Militär-Dienste, mit Realitäten
Genuß besoldet wurden. Anfangs waren diese, auf Grund
und Boden fundirten Salarien bloß perfönlich, nach und
nach hatte man aber das für den Kriegsstand bereits zum
Theil entwickelte Lehen-Institut ebenfalls darauf angewen
det. Indessen sind diese Lehen immer so weit uneigentliche
Lehen, als bey denselben die Urbestimmung des Kriegsdien
stes nicht gefordert wird b).
Auch in Nieder=Oesterreich hatte man die Hofämter zu
Lehen erhoben, und als durch die Einführung der Stände
11
Krülls Grundsätze des heutigen, in Deutschland üblichen gemei¬
nen Lehenrechtes §. 63. Die Ambachtslehen nennet man von
dem Italiänischen Worte gastaldus (Gestallter, Bestallter,
Praepositus) feuda quastaldiae, und es wird darunter immer
eine Gattung Richteramt verstanden, wogegen die Saßlehen ge
wöhnlich Hofämter bedeuten. Püttmanns Elem. jur. feud.
§. 138 et 139.; dann Buders amoenit. jür feud. Cap. X.
F. G. Gonne de feudo gastaldiae, germ. Ambachtslehen. Halle
1736, und A. F. Roßmann von Amtslehen in Zeperniks Samml.
B. 1. Abhandl. XI.
b) G. L. Böhmers observ. jur. feud. Nro. 6. Ludwig de officiis
et muneribus feud.; dann Zeperniks anal, II. Band obs. 17.
Nieder=Oester. Lehenrecht. 1. Th.
N