Full text: Haimerl, Franz: Darstellung der gesetzlichen Bestimmungen über die Parteien und deren Stellvertreter im civilgerichtlichen Verfahren in Oesterreich

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seiner Rente, oder durch Arbeit oder Dienst kein größeres Einkommen 
bezieht, als der in Wohnorte des Armen übliche gemeine Taglohn 
beträgt'). Das Zeugniß, welches zum Beweise der Armuth die 
nen soll :), muß nebst dem Zwecke, zu welchem das Armuthszeugniß 
ausgestellt wird, die eben zuvor angedeuteten Gründe der Armuth 
klar, bestimmt und umständlich ausdrücken. Das Zeugniß muß von 
dem Pfarrer des Ortes, wo die arme Partei wohnt, ausgestellt 
Diejenigen, welche 
und von der politischen Obrigkeit bestätiget sein 
ein solches Armuthszeugniß auszufertigen oder zu bestätigen haben, 
sind bei Vermeidung der gesetzlichen Bestrafung verpflichtet, über die 
Vermögens- und Erwerbsverhältnisse des Zeugnißwerbers genaue und 
verläßliche Erkundigungen einzuziehen und im Falle eines gegründeten 
Zweifels über die Richtigkeit der von dem Zeugnißwerber angegebenen 
Umstände die Ausstellung oder Bestätigung des Zeugnisses zu versagen. 
Wer ein Armuthszeugniß, worauf er keinen gesetzlichen Anspruch hat, 
durch Täuschungen oder sonst auf eine Weise erschleicht, macht sich der 
im §. 408 des Strafgesetzes über Gefällsübertretungen bezeichneten Ge 
fällsverkürzung schuldig 
2. Mit einem solchen gesetzlich ausgefertigten Armuthszeugnisse 
hat sich die Partei, die das Armenrecht ansprechen will, an den Rich 
*) Hofd. vom 26. Juli 1840, §. 1. 
In früheren Zeiten wurde zum Nachweise der Armuth auch in dieser Ab 
sicht das juramentum paupertatis zugelassen; dasselbe jedoch durch Normale 
v. 24. Mai 1773 abgeschafft. Vergl. Lehre von Civilgerichtsstellen, I. Theil, 
§. 93, S. 207, Note 2. 
Hofd. v. 26. Juli 1840, §. 2. Vergl. auch Hofkammerdec. vom 30. Sept. 1841 
in der polit. Ges. S., 69. Bd., S. 300. Darnach hat in Wien ein solches 
Zeugniß zunächst der Hausherr zu bestätigen oder auszustellen. Eine besondere 
Bestimmung enthält das Hofd. vom 16. November 1843 für die Juden in Prag 
Für Ungarn endlich erklärt der Minist. Erlaß v. 30. Sptbr. 1850, Z. 13049 
(Sammlung d. Justizgesetze, V. Bd., S. 205), daß das Armuthszeugniß von 
den Seelsorger, zu dessen Pfarre die arme Partei gehört, auszustellen, mit 
dem Pfarrsiegel zu versehen und von der politischen Bezirksbehörde zu be¬ 
glaubigen sei. Wenn die Unterschrift des Seelsorgers der Bezirksbehörde 
nicht bekannt ist, oder sie an der Echtheit einen Zweifel hegt, hat sie sich die 
erforderliche Ueberzeugung mit der thunlichsten Beschleunigung zu verschaffen, in 
dem die Beglaubigung eines gefälschten Zeugnisses die Haftung für die daraus 
entstehenden Folgen nach sich zieht. 
*) Hofd. v. 26. Juli 1840, §. 3.
	        
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