121 —
dige Rechtsfreund nicht vom Staate besoldet wird, sondern die Ent
lohnung für seine Mühe von der Partei verlangt, in deren Interesse
er sich verwendet; so würde dieser Umstand dem Armen und Vermö
genslosen die Durchsetzung oder Vertheidigung seines Rechtes vielleicht
ganz unmöglich machen, wenn die Staatsverwaltung nicht auch dieß
falls fürgesorgt hätte, daß unter gewissen Voraussetzungen die Justiz
auch unentgeldlich administrirt werde, — daß die sonst zu entrichtenden
Gebühren nachgesehen, und daß, wo nöthig, auch eine unentgeldliche
Vertretung geleistet werde*). Diese Fürsorge hat auch die öster
reichische Staatsverwaltung durch Zulassung eines sogenannten Armen
rechtes 2) getroffen, welches darin besteht, daß die in den eigenen
Streitsachen eines Armen auflaufenden Gebühren vorläufig nur vorge
merkt (nicht eingehoben), oder nach Umständen vorgeschossen werden
und daß ihm auf sein Begehren ein unentgeldlicher Vertreter aus der
Zahl der angenommenen Advocaten bewilliget wird 3), endlich daß sie zur
nachträglichen Zahlung der vorgemerkten und vorgeschossenen Gebühren
und des Palmars für den Vertreter nur dann verpflichtet ist, wenn
sie den Proceß behauptet hat, und dadurch zahlungsfähig gewor¬
den ist *). Dießfalls gelten nun folgende Bestimmungen:
1. Als arm, in Absicht auf die Entrichtung der Gebühren wird
seinem Kapitale
derjenige betrachtet, welcher von seiner Realität,
—
*) Freilich meint man mitunter auch: das sogenannte Armenrecht reiche nicht
aus,— nicht jeder, dem es schwer fällt, Proceßkosten zu tragen, ist darum
auch schon in der Lage, zum Armenrechte zugelassen zu werden und der solide,
ehrliebende Mann scheut sich häufig, darum anzusuchen. Allein, wenn sie von
diesem Standpunkte aus — die unentgeltliche Administration der Justiz in
jeder Richtung verlangen, dürften sie doch wieder anderweitig anstoßen. Vergl. Be
trachtungen über Gegenstände des schriftlichen Processes (Erlangen 1845, S. 50 uff.
Vergl. über das Armenrecht im österr. Civilprocesse Holzgethan's Ab
handlung in der Zeitschrift s. Rechts- und Staatswissenschaft; Jahrg. 1843,
II. Bd., S. 64 uff.
3) Vergl. auch böhm. L. O., B, 52 in fine.
4) Ob eine arme Partei auch für den Fall des summarischen Verfahrens
einen ex officio Vertreter begehren könne, wurde bezweifelt, weil im summarischen
Verfahren (§. 8 des Gesetzes v. J. 1845) die Intervention von Advocaten nicht
nothwendig ist, die arme Partei also selbst vor Gericht erscheinen kann. Allein
sie kann sich auch eines Vertreters bedienen, ja ihr unter Umständen sogar
die Zuziehung eines solchen aufgetragen werden. Ist sie nun arm, so muß
ihr auch das
den Armen zugestandene beneficium für dieses Verfahren zu
Theil werden.