§ 208. Spiel und Wette.
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das Recht ein, sobald sie Gewinn und Verlust mit vermögensrecht
lichen Folgen ausstattet. Denn dann begründet sie ein durch den
Eintritt des künftigen ungewissen Spielergebnisses bedingtes Schuld
verhältnis, das sich auf eine vermögenswerte Leistung richtet?
Nach der Idee des Spieles ist die mit ihm verbundene Aussicht
auf materiellen Gewinn und das entsprechende Wagnis des Verlustes
nur dazu bestimmt, den Spielgenufs durch Erhöhung von Reiz
und Spannung zu steigern. Allein es kann auch die Gewinnabsicht
den Unterhaltungszweck überwuchern oder völlig aufzehren. Das
lediglich des Gewinnes wegen betriebene Spiel ist entartetes Spiel,
bleibt aber Spiel. Alle diese Möglichkeiten bestehen bei jeder
Spielart, mag nun die Entscheidung vom blofsen Zufall oder in
erster Linie von der Geschicklichkeit oder von einer Kombination
beider Faktoren abhängen?
2. Geschichte. Der Spielvertrag unterlag im deutschen
Recht ursprünglich lediglich den allgemeinen Regeln über Schuld
verträge. Somit erzeugte er eine Schuld, die stets erfüllbar, bei
Hinzutritt eines Haftungsverhältnisses aber auch klagbar und er
zwingbar war4. Noch der Sachsenspiegel setzt voraus, dafs die
2 Darüber, dafs auch bei dem von Tac. Germ. c. 24 berichteten Verspielen
der Freiheit der Einsatz der Person deren Hingabe als Vermögensgegenstand
bedeutete, vgl. meine Schrift über Schuld und Haftung S. 142 Anm. 35. Persön
lichkeitsgüter als solche, das Leben, einzelne Glieder bildeten zwar in alter
Zeit oft bei der Wette, aber ursprünglich nicht und auch später nur vereinzelt
beim Spiel den Einsatz; Schuster S. 12 ff., v. Amira II 252 ff. Auch die
Ehre eignete sich nicht zum Spieleinsatz; Schuster S. 14, Schuld und Haftung
S. 143 Anm. 37.
3 Spiele, bei denen der Erfolg wesentlich von körperlicher und geistigen
Gewandtheit abhängt, wie einerseits Kampfspiele, Ballspiel, Billard, Kegel
spiel usw., andererseits Schachspiel und andere Brettspiele, werden besonders
häufig lediglich um der Spielehre willen gespielt, nicht selten aber auch um
Geld und im letzteren Falle möglicherweise in reiner Gewinnabsicht. Gemischte
Spiele, wie die meisten Kartenspiele, kommen gleichfalls als Unterhaltungs
spiele ohne Rechtsfolgen, häufiger als solche um mässige Geldbeträge, aber
auch als Spiele aus Gewinnsucht vor. Die reinen Zufalls- (Glücks-, Hasard
Spiele mit Würfeln, Karten, Roulette usw. dienen überwiegend Gewinnabsichten,
werden aber auch nicht selten mit geringen Geldeinsätzen oder sogar ohne
solche lediglich zur Unterhaltung gespielt.
Haftung für Spielschuld konnte durch Treugelöbnis begründet werden,
wie sich schon aus der Schilderung in Tac. Germ. c. 24 erschlielsen lälst;
Schuld u. Haftung S. 141 ff. Später genügte bei Spielschuld wie bei anderer
Schuld ein schlichtes Gelöbnis; ebd. S. 235 ff., Schuster S. 56 ff. Körper
licher Einsatz eines im Spiel gewagten Gegenstandes erzeugte Sachhaftung
Schuster S. 16 ff., v. Amira I 231ff., II 253 ff., Planitz a. a. O. S. 343 ff.