§ 197. Besondere Arten von Miete und Pacht.
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auch den meisten deutschen Partikularrechten fremd geblieben 138
Doch begegnen in den Gesetzbüchern einzelne Sonderbestimmungen
über Viehpacht 159. Das B.G.B. enthält solche Sonderbestimmungen
nicht, legt aber der vertragsmässigen Ausgestaltung der Viehpacht
im Sinne der deutschrechtlichen Gepflogenheiten kein Hindernis
in den Weg 160.
Die Viehpacht kommt als gewöhnliche Pacht vor, so dafs
der Einsteller des Viehs gegen festen Pachtzins alle Nutzungen
für sich bezieht. Pflege und Fütterung liegen ihm hier nach den
allgemeinen Grundsätzen von Miete und Pacht ob. Hieran ändert
es nichts, wenn der Eigentümer des Viehs sich einzelne Nutzungen
vorbehält. Dagegen liegt kein Pachtvertrag, sondern ein Arbeits
vertrag vor, wenn der Einsteller überhaupt keinen Pachtzins zu
entrichten, sondern einzelne ihm zufallende Nutzungen lediglich
durch die Pflege und Fütterung des Viehs zu vergelten hat 161.
Die Viehpacht kann auch als Teilpacht abgeschlossen werden,
so dafs der Pachtzins in einem Teil der Nutzungen besteht 16z
Dies ist im Zweifel auch die Natur der sogenannten „halbteiligen
Viehverstellung“
bei der das Eigentum bei dem Viehgeber bleibt,
der Einsteller aber Milch, Dünger und Arbeit der Tiere geniefst
und nur von Zuwachs und Wolle die Hälfte abzugeben und über
dies die Gefahr aus zufälligem Verlust zur Hälfte zu tragen hat 168
158 Abgesehen von den Gebieten des französ. und bad. Rechts (oben
Anm. 156) hat nur das Württ. R. den Begriff rezipiert; vgl. Reyscher a. a. O.
159 So Preufs. L.R. I, 21 § 452 ff., wo aber nur die mit Gutspacht ver
bundene Viehpacht berücksichtigt wird. Sächs. Gb. § 1210.
16° Der bei diesen Geschäften nicht seltenen Übervorteilung des Vieh
übernehmers setzt nur das allgemeine Wucherverbot Schranken. Über die
Bekämpfung des in ihnen versteckten Wuchers durch die Kanonisten vgl.
Endemann, Studien I 409 ff. Altere partikularrechtliche Verordnungen ver
boten bestimmte Abreden als wucherisch; Beispiele b. Reyscher Anm. 2,
Stobbe-Lehmann Anm. 63. Zwingendes Recht enthalten auch Code civ.
a. 1811, 1819, 1828, Bad. L.R. a. 1831 b.
161 So verhält es sich bei der „uneigentlichen Viehverstellung“ des Code
civ. a. 1831, bei der dem Eigentümer von eingestelltem Melkvieh lediglich der
Vorteil aus den geworfenen Jungen gebührt. Ebenso erst recht, wenn der
Einsteller etwa nur den Dünger oder sonstige geringe Nutzungen und aufser
dem noch Lohn oder sonstige Vergütung erhält; Beseler § 197b.
162 Schweiz. O.R. a. 302.
163 In diesem Sinne regelt der Code civ. a. 1804—1817 den „cheptel
simple“. Dahin gehört auch der im Bad. L.R. a. 1831b vorgesehene Vertrag,
bei dem die Jungen von Melkvieh geteilt werden, überdies aber ein Milchzins
in Milch oder Geld, der aber den Gewinn des Einstellers aus den Jungen nicht
übersteigen darf, zu zahlen ist. — In Italien heifst der Vertrag socida (soccio).