506 Zweites Kapitel. Schuldverhältnisse aus Rechtsgeschäften.
B.G.B. zu einem Verkaufsangebote an den Vorkaufsberechtigten
nicht verpflichtet °°. Wohl aber ist er verpflichtet, dem Vorkaufs
berechtigten unverzüglich von dem Inhalte des mit dem Dritten
geschlossenen Kaufvertrages Mitteilung zu machen 91. Versäumt
er die Erfüllung dieser schuldrechtlichen Verpflichtung, so hat er
dem Berechtigten Schadensersatz zu leisten 32
Die rechtliche Natur des Vorkaufsrechtes ist hiernach die
eines bedingten Einlösungsrechtes, das zum Unterschiede vom
Wiederkaufsrecht nicht blofs durch die Willenserklärung des Be
rechtigten, sondern auch durch den Abschlufs eines Kaufvertrages
seitens des Verpflichteten bedingt ist, zum Unterschiede aber vom
dinglichen Vorkaufsrecht lediglich eine schuldrechtliche Gebunden
heit des Verpflichteten erzeugt. Noch weniger als beim Wieder
kaufsrecht kann hier das Zustandekommen des Vorkaufes durch
die Ausübungserklärung daraus hergeleitet werden, dafs ein Vor
vertrag zugrunde liege 93 oder dafs die Annahme eines bis dahin
bindenden Antrages stattfinde °4 oder dafs ein bereits unter doppelter
Bedingung abgeschlossener Kaufvertrag nunmehr durch Eintritt
der Bedingungen wirksam werde%. Vielmehr ist der Vorkauf
überhaupt kein Kaufvertrag°6, sondern eine einseitige rechts
5 Dies weicht vom älteren deut. R. und vom Österr. Gb. § 1072 ab, vgl.
oben Bd. II 773 ff., stimmt aber mit dem Preufs. u. Sächs. R. überein. Erfolgt
gleichwohl ein Angebot, so erzeugt es auch nicht, wie im älteren deut. R.,
eine Erklärungspflicht; vgl. oben Bd. II 803 Anm. 21—22.
91 B.G.B. § 5101. So auch nach Preufs. A.L.R. I, 20 § 608, Sächs. Gb.
§ 1121. Die Mitteilung des Verpflichteten wird aber durch eine Mitteilung
des Dritten ersetzt.
92 Aufserdem läuft vor dem Empfange der Mitteilung durch den Berechtigten
für diesen keine Verschweigungsfrist; oben S. 505 Anm. 84.
98 So Goldschmidt, Z. f. HR. I 273; Dernburg § 196 I u. V (mit der
Annahme, dals zur Ersparung eines Umweges das Gesetz aus praktischen
Gründen die Einwilligung des Verpflichteten in den Abschlufs des Vorkaufes
durch seine Vorschrift ersetze).
94 So auch hier Planck Bem. 4 u. Endemann § 69 Anm. 1, § 162
Anm. 38.
95 So Enneccerus § 340 I, Matthiafs § 110 VIII A 9, Crome § 228
Z. 1, Staudinger Vorbem. II 5, früher auch Oertmann zu § 504; ähnlich
R.Ger. LIX Nr. 39, LXVII Nr. 13.
96 Wenn das B.G.B. § 5052 davon spricht, dafs „der Kauf“ zwischen dem
Berechtigten und dem Verpflichteten zustande kommt, so ist darunter eben
nicht ein „Kaufvertrag“, sondern ein „Kaufschuldverhältnis“ zu verstehen;
vgl. oben S. 500 Anm. 61. Anders freilich nach dem Sächs. Gb., das das Vor
kaufsrecht als das Recht definiert, „beim Verkaufe der Sache einem anderen
Käufer vorgezogen zu werden“ (§ 1118), und den Vorkaufsverpflichteten, wenn