460 Zweites Kapitel. Schuldverhältnisse aus Rechtsgeschäften,
prinzip aber ist das der gesetzlichen Haftung des Verkäufers für
Eviktion. Ihm zufolge hat der Verkäufer dem Käufer nur das
habere licere der verkauften Sache zu prästieren. Seine Gewähr
leistungspflicht wird daher erst aktuell, wenn dem Käufer die
Sache evinziert, d. h. von einem Dritten infolge eines Rechtsmangels
ihr Besitz durch Urteil entzogen wird 15. Dann muss der Ver
käufer dem Käufer Schadensersatz leisten 16. Wenn einerseits der
Käufer auch bei freiwilliger Herausgabe der Sache durch den
Nachweis, dafs der Prozefs aussichtslos gewesen wäre, sich den
Eviktionsanspruch verschaffen kann *7, andererseits eine Tendenz
zur Ausbildung einer Rechtsverschaffungspflicht des Verkäufers
bemerkbar ist *3, so wird dadurch das in den Quellen scharf formu
lierte Grundprinzip der Eviktionshaftung nicht verdunkelt.
3. Nach der Rezeption erfuhr das römische Recht unter
dem Einflufs des germanischen Gewährschaftsrechtes mancherlei
schon in der italienischen Doktrin eingeleitete, in Deutschland
verschärfte Umbildungen. Sie bewegten sich vornehmlich in dop
pelter Richtung.
Einerseits wurde vom Prozefsrecht her anstatt blosser
Haftung für Entwerung die tief eingewurzelte Schirmungspflicht
des Verkäufers vielfach festgehalten und sogar zur klagbaren Ver
pflichtung, die Verteidigung des Käufers im Prozefs zu übernehmen,
gesteigert*9. In diesem Sinne wurde die Streitverkündigung zu
einem mehr oder minder scharfen Mittel ausgestaltet, den Ge
währsmann zur Prozefshilfe zu zwingen 2°. Sehr allmählich nur
S. 30 ff.) und dann die stipulatio duplae (ebd. S. 72 ff.) begründet. Endlich aber
nahm die actio emti die Garantiefunktion in sich auf (ebd. S. 75 ff.).
1b Der Verkäufer haftet nicht, wenn das Urteil unrichtig oder infolge
nachlässiger Prozelsführung des Käufers gefällt ist. Der Käufer kann sich
durch litis denuntiatio an den Verkäufer sichern, verliert aber durch deren
Unterlassung den Anspruch nur, wenn der Verkäufer imstande gewesen wäre,
die Eviktion zu verhindern.
16 Im Falle der stipulatio duplae, wie einst stets bei der Manzipation,
das Doppelte des Kaufpreises; oben Anm. 14. Sonst das volle Erfüllungs
interesse.
17 Windscheid § 391 Anm. 10.
18 Oben § 192 S. 453 Anm. 97.
19 Vgl. Wach, Zivilproz. I 655 Anm. 7 u. 657, Rabel S. 219 ff. Besonders
in Österreich und in Frankreich. Das französ. R., das frühzeitig dem Käufer
das Selbstverteidigungsrecht eingeräumt hatte, gewährte ihm und gewährt ihm
bis heute daneben wahlweise die Garantieklage, die dem Verkäufer die Ver
teidigung zuschiebt.
20 Wach a. a. O. S. 656; Rabel S. 218, 221 ff., 231, 232 ff. — Den ent-