§ 193. Gewährleistung für Rechtsmängel.
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mittelbarer Zwang zur Erfüllung der Gewährschaftspflicht durch
Eintritt in den Prozefs nicht statt?
Eine Rechtsverschaffungspflicht war von Hause aus
in der Gewährschaftspflicht nicht enthalten. Der Verkäufer brauchte
den Käufer nur gegen gerichtliche Angriffe auf die übertragene
Gewere und nur im gerichtlichen Verfahren zu verteidigen *°. Und
er war dazu nur verpflichtet, wenn der Käufer der Gewährschaft
bedurfte 11. Allein wenn es zum Gewährenzuge kam, so mulste
der Verkäufer, um die Gewere des Käufers zu schirmen, eben
dafür einstehen, dafs mit der Gewere das in ihr erscheinende Recht
übergegangen war. Und wenn der Käufer seine Gewere selbst zu
verteidigen imstande war, weil sie an einem Grundstück zur rechten
Gewere erstarkt war oder an Fahrnis durch den Satz „Hand wahre
Hand“ gedeckt wurde, so war die Gewährschaftspflicht eben da
durch erledigt, dafs die verschaffte Gewere das Recht nach sich
gezogen hatte. So konnte die Gewährschaftspflicht auf die Leistungs
pflicht des Verkäufers im Sinne ihrer Steigerung zur Rechtsver
schaffungspflicht zurückwirken 12
2. Das römische Recht, das vermutlich von ähnlichen
Anfängen ausgegangen war 13, weist in der Justinianeischen Kom
pilation die Spuren der verschiedenen von ihm durchlaufenen Ent
wicklungsstadien auf14. Das im Corpus juris herrschende Grund
hat er nur einen Bruchteil zuzulegen; so nach Bremer R. v. 1303 ord. 12 die
Hälfte, nach Prager Stadtr. art. 106 u. 138 ein Drittel, nach Lüb. R. Hach II
228 u. Hamb. R. v. 1292 C 35 ein Zehntel. Dafür und daneben aber begegnen
auch feste Bufsen; Gosl. Stat. 26 Z. 7 ff. u. 23 ff., Rsb. n. Dist. I, 46 d. 11, 12,
Fries. Busstaxen b. v. Richthofen S. 94. Schadensersatz schon nach l. Wisi
goth. V, 4 c. 8, l. Bajuv. 16, 4, ed. Liutpr. c. 116, Bayr. Landr. v. 1346 a. 219.
Münch. Stadtr. a. 167, Wiener Stadtr. a. 82, 115. Vgl. R. Loening S. 106 ff.,
446 ff., Rabel S. 172.
9 Wach, Zivilproz. I 657; Rabel S. 172.
1° Bisweilen übernahm er jedoch auch die Abwehr aufsergerichtlicher
Ansprüche; Loening S. 450 ff., Rabel S. 484 ff.
11 Sachsensp. I, 9 § 5; v. Amira I 564; Rabel S. 188.
12 Oben § 192 S. 453 Anm. 98.
13 Dafs den Ausgangspunkt eine ursprüngliche deliktische Defensions
pflicht gebildet habe und ein den auctor zur Prozessübernahme verpflichtender
Gewährenzug dem alten Recht bekannt gewesen sei, sucht Rabel a. a. O.
S. 5 ff. nachzuweisen.
14 Bei der mancipatio hatte der Käufer im Falle der Entwerung ohne
weiteres die als Strafklage auf das Doppelte des Kaufpreises gerichtete actio
auctoritatis; Bechmann I 98ff., 142 ff., Karlowa, R.G. II 368 ff., Rabel
S. 5 ff., 131. Beim konsensualen Kauf wurde die Haftung des Verkäufers an
fangs nur durch besondere Stipulationen, die stipulatio habere licere (Rabel