418 Zweites Kapitel. Schuldverhältnisse aus Rechtsgeschäften.
dem B.G.B., wenn der Schenker den Beschenkten unter Bestimmung
einer angemessenen Frist zur Erklärung über die Annahme auf
fordert, das blofse Schweigen des Beschenkten bis zum Ablauf der
Frist als Annahme 12
Fraglich aber kann sein, ob jede Schenkung ein Schuld
vertrag ist. Dies wird vielfach auch von Solchen bestritten, die
den Vertragscharakter der Schenkung anerkennen. Natürlich ist
man allgemein darüber einig, dafs ein Schuldvertrag geschlossen
wird, wenn die Zuwendung in Gestalt eines angenommenen
Schenkungsversprechens erfolgt. Dagegen will man bei der Real
schenkung in der Willenseinigung über den Schenkungszweck
keinen besonderen Schuldvertrag, sondern nur das Einverständnis
über eine besondere rechtliche Färbung des Zuwendungsgeschäftes
finden. Die Schenkung sei gar kein „einzelnes Rechtsgeschäft“
sondern ein „allgemeiner Charakter“, den die verschiedenartigsten
Rechtsgeschäfte annehmen können 13
In Wahrheit stellt jedoch auch bei der Realschenkung
die Willenseinigung, die die Zuwendung zur Schenkung stempelt.
stets einen Schuldvertrag dar. Sie ist freilich mit einem Zu
wendungsakte verbunden, der als solcher kein Schuldvertrag zwi
schen dem Schenker und dem Beschenkten ist, sondern ein dinglicher
oder quasidinglicher Verfügungsvertrag oder auch ein einseitiges
Verfügungsgeschäft sein kann, ja nicht einmal überhaupt ein Rechts
geschäft zu sein braucht 14. Allein die Willenseinigung über den
Schenkungszweck ist rechtlich unabhängig von dem Zuwendungs
akt und bildet für sich einen besonderen Schuldvertrag. Nicht
als ob sie notwendig ein Schenkungsversprechen enthielte, das nur
eben mit seiner Erfüllung zusammenfiele 15.
Wohl aber ist sie,
12 B.G.B. § 5162. Über das Bedenkliche dieses indirekten Annahme
zwanges Endemann § 104 Anm. 10.
13 So zuerst Puchta, System des gemeinen Zivilrechts, 1832, § 35, der
deshalb die Lehre von der Schenkung in den allgemeinen Teil stellte. Ihm
folgten nicht nur Savigny S. 2ff. und alle anderen Gegner der Vertrags
theorie (auch das Sächs. Gb.), sondern auch viele Anhänger der Vertragstheorie,
wie v. Vangerow I § 121, Unger II 200, Krainz § 132, Bekker II 171 ff.,
Hölder, Pand. S. 288; vgl. auch die dieser Frage gewidmete Schrift von
Burckhard, sowie Dernburg, B.R. II 2 § 205 Anm. 2.
14 Man kann z. B. schenkungshalber Eigentum durch Verbindung oder
Schuldbefreinng durch Vernichtung eines Wertpapiers oder Unterlassung der
Erhebung eines Wechselprotestes verschaffen; vgl. Planck zu § 316 Bem. 2,
Oertmann Bem. 5, Dernburg § 205 II 1, Haymann a. a. 0. S. 89; jetzt
auch Cosack6 u.6 § 139 I 1.
15 Dies nimmt Endemann § 164 Anm. 8 an.