Full text: Deutsches Privatrecht (3)

410 Zweites Kapitel. Schuldverhältnisse aus Rechtsgeschäften. 
Die Einteilung der Schuldverträge nach dem Vertragszwecke 
aber kann auf verschiedene Weise erfolgen. Gegenüber der 
unübersehbaren Mannigfaltigkeit der im Leben verfolgten Zwecke 
kann die Heraushebung des Typischen ungleich vollzogen, bei der 
Verbindung mehrerer Zwecke kann die Bestimmung des Haupt 
zweckes so oder anders vorgenommen, der Begriff des Zweckes 
selbst kann mehr objektiv oder mehr subjektiv gefafst und in beiden 
Fällen von dem Standpunkte des einen oder des anderen Vertrags 
teils aus geformt werden. So treten uns denn auch in den ge 
schichtlichen Rechtssystemen vielfach abweichende Ausgestaltungen 
und Abgrenzungen der Schuldvertragsarten entgegen. Im gemeiner 
Recht hielt man sich an die römische Artenbildung und gelangte 
so zu einem romanistischen Schema, das für die deutsche Verkehrs 
entwicklung und Rechtsanschauung teils unzureichend, teils un 
passend war und nur mühsam und künstlich in einigen Einklang 
mit den Lebenserscheinungen gebracht wurde8. Die grossen Gesetz 
bücher schlugen zum Teil neue Wege ein°. Das B.G.B. verzichtet 
auf eine systematische Einteilung und Gliederung der Schuldver 
träge. Es behandelt die wichtigsten Typen der kausalen Schuld 
verträge unter den in ziemlich bunter Reihe aufgeführten „einzelnen 
Schuldverhältnissen“. Dabei schliefst es sich an die gemeinrecht 
liche Begriffsbildung an*° und nimmt nur in einigen Punkten 
wesentliche Änderungen vor *. Allein sein Schema ist weder er 
schöpfend noch zwingend. Es wird durch die Regelung bestimmten 
Arten von Schuldverträgen in besonderen Reichs- und Landes 
gesetzen ergänzt 12. 
Überdies läfst es dem Parteibelieben Raum 
8 Man denke vor allem an die Zusammenfassung von Sachmiete, Dienst 
vertrag und Werkvertrag im Begriff der „locatio conductio“ und die dadurch 
bedingte Verkümmerung und Zerreissung der Arbeitsverträge. Oder an die 
Subsumtion des Versicherungsvertrages unter die Kategorie der aleatorischen 
Verträge oder Glücksverträge. Oder an die Verlegenheit, den Verlagsvertrag 
unterzubringen. 
9 So namentlich das Preufs. A.L.R. (am entschiedensten mit seiner Kategorie 
der Verträge über Handlungen); nur in Einzelheiten der Code civ., das Osterr 
Gb., das Sächs. Gb. und das Schweiz. O.R. 
1° Übergangen ist von den gemeinrechtlichen Vertragsfiguren der Trödel 
vertrag (vgl. Windscheid-Kipp § 383), obwohl ihn andere Gesetzbücher 
aufgenommen haben (Preufs. A.L.R. I, 11 § 511—526, Sächs. Gb. § 1291—1294), 
und der Verpfändungsvertrag (anders Entw. I § 681—682, vgl. oben Bd. Il 
983 Anm. 60). 
Die wichtigste ist die Verselbständigung der Arbeitsverträge. 
12 Verlagsvertrag; Versicherungsvertrag; die Verträge des Handelsrechts; 
die Verträge des Gewerberechts; Gesindevertrag; Altenteilsvertrag usw.
	        
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