§ 187. Bestärkungsmittel bei Schuldverträgen.
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die Draufgabe an den Empfänger verlieren, sondern auch der
schuldige Empfänger dem Geber den doppelten Betrag des Empfan
genen zu leisten haben44. Das B.G.B. bedroht nur den Geber,
wenn die von ihm geschuldete Leistung infolge eines von ihm zu
vertretenden Umstandes unmöglich wird oder er die Wiederauf
hebung des Vertrages verschuldet, mit dem Verlust der Draufgabe 45
Die Draufgabe wird zum Abschwächungsmittel des Ver
trages, wenn sie nicht Haftgeld, sondern Reugeld sein soll. Während
manche älteren deutschen Quellen für die Bedeutung der Drauf
gabe als Reugeld vermuten*6, stellen die neueren Gesetzbücher,
mit Ausnahme des französischen, die entgegengesetzte Vermutung
auf 47. Auch nach dem B.G.B. gilt die Draufgabe im Zweifel nicht
als Reugeld 48. Ist die Draufgabe Reugeld, so kann jedenfalls der
Geber nach Belieben vom Vertrage zurücktreten, wenn er auf die
Rückforderung des Gegebenen verzichtet 49. Nach manchen Ge
setzen kann auch der Empfänger zurücktreten, wenn er das
Empfangene zurückgibt 5° oder den doppelten Betrag erstattet 51
Das B.G.B. enthält keine Bestimmungen; man wird daher annehmen
müssen, dafs eine besondere Vereinbarung erforderlich ist, um auch
für den Empfänger eine Reuerecht zu begründen 52.
Manche Ge
setze schliefsen den Rücktritt aus, sobald von einer Seite mit der
Erfüllung begonnen ist 53
44 Österr. Gb. § 908. Sächs. Gb. § 895 (unbeschadet höherer Schadens
ersatzansprüche). Aufserdem wiederholt das Sächs. Gb. § 896 die oben Anm. 42
angeführte römische Bestimmung.
46 B.G.B. § 338. Verlangt der Empfänger Schadensersatz wegen Nicht
erfüllung, so hat er im Zweifel die Draufgabe sich anrechnen zu lassen oder
zurückzugeben. Das Gegenteil kann aber vereinbart sein.
46 Vgl. Sch. u. H. S. 357 ff.
47 Preufs. A.L.R. I, 5 § 210—212; Öst. Gb. § 908; Sächs. Gb. § 893; A.D.H.G.B.
Art. 2851; Schweiz. O.R. a. 178 (158)'. — Nach Code civ. a. 1590 gilt bei der
promesse de vendre die arrha als Reugeld, während im übrigen keine Ver
mutung besteht.
48 B.G.B. § 336 2 (Auslegungsregel).
49 Preufs. A.L.R., 1 5 § 213; Österr. Gb. § 910; Code civ. a. 1590; Sächs. Gb.
§ 897; Schweiz. O.R. a. 178 (158)3. Gleiches muss nach dem B.G.B. gelten; die
Vorschriften des § 359 sind hier unanwendbar, da es sich um ein Reugeld handelt,
das schon beim Vertragsschlußs im voraus für den Rücktrittsfall entrichtet ist.
So nach Preufs. A.L.R. I, 5 § 214.
51 So nach Code civ. Art. 1590, Ost. Gb. § 910, Schweiz. O.R. Art. 178 (158)3
52 Ist ihm das Rücktrittsrecht gegen Rückgabe des Empfangenen oder
des doppelten Betrages eingeräumt, so ist § 359 B.G.B. anwendbar.
b3 Preufs. A.L.R. I, 5 § 215; Öst. Gb. § 909; Sächs. Gb. § 597. Nach dem
B.G.B. ist dies Auslegungsfrage.